FAUN Umwelttechnik GmbH & Co. KG

Von Bier und Bremskraft zu BLUEPOWER und Greenfuture

Was haben ein Bier unter Ingenieuren und ein verlorenes Fußballspiel von Bundesligist Werder Bremen mit wasserstoffangetriebenen Abfallsammelfahrzeugen zu tun? Beide Ereignisse waren entscheidend dafür, dass das Unternehmen FAUN Umwelttechnik aus Osterholz-Scharmbeck inzwischen 60 emissionsfreie Müllautos vom Typ „BLUEPOWER“ auf die Straße gebracht hat und ihr Ziel, an einem umweltverträglichen Lastverkehr mitzuarbeiten, verfolgen kann.

Für Geschäftsführer Burkard Oppmann ist dies einer der bedeutendste Meilenstein in seiner nunmehr 27-jährigen Tätigkeit bei FAUN: Dass es die ersten Abfallsammelfahrzeuge mit Wasserstoff-Antrieb sind, die sich – in Serie gefertigt, jeden Tag acht Stunden unterwegs – im Alltagsbetrieb bewähren, das macht ihn hörbar stolz. Doch der Weg dahin war mitunter steinig, und nicht nur einmal war Beharrlichkeit notwendig.

2006 war es, als Oppmann und Kollegen nach Feierabend zusammensaßen und überlegten, wie man die Energie, die entsteht, wenn ein Abfallsammelfahrzeug täglich hunderte Male auf dem Weg von Tonne zu Tonne anfährt und bremst, auffangen und nutzen kann. Heraus kam 2010 das „DUALPOWER“-Fahrzeug, das per Rekuperation den Dieselverbrauch um die Hälfte senkte. Der nächste und erste Schritt hin zum Wasserstoffantrieb folgte nur ein Jahr später: die Berliner Stadtreinigung testete das Müllfahrzeug „FUELCELL“ , das zwar noch einen Dieselmotor hatte, aber dessen Lifter und Aufbau erstmalig von einer Brennstoffzelle mit Energie versorgt wurden.

Ein Wasserstoff-Müllfahrzeug vor dem Firmengebäude von FAUN
Von der Bremskraft-Rückgewinnung zum Wasserstoff-Antrieb: Zwölf Jahre Entwicklung und Beharrlichkeit stecken in diesem Abfallsammelfahrzeug.

 

„Von dieser Stunde an haben wir uns bemüht, mehr und mehr auf das Thema Wasserstoff einzugehen und 2018 das erste Abfallsammelfahrzeug komplett mit Wasserstoff-Antrieb auf der Umweltmesse IFAT in München vorgestellt“, erzählt Burkard Oppmann. Das BLUEPOWER-Müllfahrzeug war geboren. „Von da an ging es mit strammen Schritten voran.“

Beim nächsten Meilenstein half der Fußball mit

Als FAUN dann wiederum einen Schritt weiterging, um mit seiner Erfahrung nicht nur Abfallsammelfahrzeuge, sondern auch andere wasserstoffangetriebene Lastwagen für den Stadtverkehr zu entwickeln, war es wieder die Beharrlichkeit von Burkard Oppmann, die zum Erfolg führte – und ein Sieg des Fußball Bundesligisten VfB Stuttgart über den SV Werder Bremen: „Wir brauchten einen Glider, also einen Truck, der nur aus dem Fahrgestell besteht, ohne Motor, ohne Getriebe und ohne Antriebsstrang. Es bedurfte allen Verhandlungsgeschicks, um mit Daimler nach zweieinhalb Jahre kontinuierlicher Verhandlungen zu einem Vertragsabschluss zu kommen, der vorsah, ein Auto ohne Motor zu liefern.“ Schmunzelnd fügt Oppmann hinzu: „Dass Bremen damals beim Auswärtsspiel gegen den VfB Stuttgart verloren hat, das mag geholfen haben.“

Die LKW kamen 2022 auf den Markt und werden unter der Marke ENGINIUS vertrieben. FAUN verlagerte die Produktion nach Bremen in ein eigenes Werk, wo ausschließlich die Mercedes-Fahrgestelle mit Wasserstoff ausgerüstet werden. „Nur neue, keine gebrauchten“, betont Oppmann. Und: keine Sattelzugmaschinen. Das will FAUN den großen OEM überlassen. „Wir haben gesagt, wir bewegen uns in einer Nische. Alles das, was die anderen nicht machen, ist was für uns.“ 1.500 Wasserstoff-Lastwagen pro Jahr sind das Ziel.

Antrieb, Energie



Gründungsjahr: 1845
Anzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: 550 in Niedersachsen, weltweit 2000

Weitere Standorte: 11 Werke in 7 Ländern
Mutterkonzern: FAUN ist Teil der KIRCHHOFF Ecotec, der Umweltsparte der weltweit agierenden KIRCHHOFF Gruppe.


FAUN Umwelttechnik GmbH & Co. KG
Feldhorst 4, 27711 Osterholz-Scharmbeck

info@faun.com
www.faun.com


„Wir sind als Erster mit dem Wasserstoffantrieb am Markt. Für uns ist das die Zukunft einer ganzheitlichen, emissionsarmen Entsorgung und Straßenreinigung.“

Portraitfoto von Burkard Oppmann, FAUN Umwelttechnik
Burkard Oppmann, Geschäftsführer und Chief Sales Officer Germany der FAUN Umwelttechnik GmbH & Co. KG und ENGINIUS GmbH

Drei Fragen an: Burkard Oppmann

Inzwischen entwickeln viele, wenn nicht sogar alle Lastwagen-Hersteller auch Modelle mit alternativen Antrieben. Wodurch hat Ihr Unternehmen diesen gegenüber einen Vorteil?

Oppmann: Wir haben einen Wissens- und Erfahrungsvorsprung, weil wir schon 2006 angefangen haben. Mit den DUALPOWER-Müllfahrzeuge, von denen wir bereits 20 verkauft haben, haben wir viele Erkenntnisse gesammelt, die wir in der Wasserstoff-Technik umgesetzt haben. Auch aus ersten Schwierigkeiten bei der Umrüstung von Dieselfahrzeugen mit Aufbau und Lifter von anderen Herstellern haben wir schnell gelernt. Beim Pilotprojekt in Berlin hatten wir keinen Ausfall, außer, dass die Heizung mal nicht ging. Also war der nächste Schritt, unsere eigene Steuerung zu entwickeln. Man muss dazu betonen: wir sind ein Mittelständler, und dass wir als OEM agieren, damit haben wir nicht gerechnet. Wir kommen aus der Abfallabfuhr und der Straßenreinigung, da kennt man uns. Unser nächster Schritt ist jetzt, etwas für den City-Verkehr zu tun.

Was waren die größten Herausforderungen auf Ihrem Weg von der Idee zur Mission zur Innovation?

Oppmann: Als wir das erste Fahrzeug 2018 auf die Messe gestellt haben, waren wir als Einzelkämpfer unterwegs – und haben uns viele Fragen gestellt. Funktioniert das? Ist es marktfähig? Erklärt sich der Kunde bereit, diesen Weg mit uns zu gehen? Den Durchbruch habe ich gefühlt, als wir einen Monat vor der Pandemie auf einem Summit namhafter Entsorger unsere Entwicklung erstmals vorgestellt haben. Damals hatten wir schon einige Aufträge, aber wir mussten ja nicht nur das Fahrzeug bauen, sondern wir mussten Kunden finden, die eine Wasserstofftankstelle in der Nähe haben. Die Versorgung ist heute teilweise auch noch schwierig, aber man arbeitet dran. Auch die Mannschaften, die mit dem Wasserstoff-Fahrzeug unterwegs sind, mussten wir motivieren, umzusteigen: Heute wollen die gar nicht mehr zurück in ein Diesel-Fahrzeug wechseln, dies auch, weil die Geräuschkulisse in einem Wasserstoff-Fahrzeug viel geringer ist.

Wie sieht Ihre Zukunftsprognose für die Mobilität und Ihr Unternehmen – in Niedersachsen – aus?

Oppmann: Das Ziel ‚Kein Verbrenner mehr bis 2035‘ – das wird leider nicht so schnell zu erreichen sein, wie manche sich das vorstellen. Ich meine, wir brauchen beides: Wasserstoff und das Batterieelektrische. Wo ich das größte Problem sehe, ist die Versorgung der LKW mit Energie. Das Transportbedürfnis unserer Gesellschaft ist so viel größer geworden. Wie wollen wir Mengen an Fahrzeugen zukünftig betanken? Da gibt es noch keine überzeugende Lösung. Wir haben gar nicht genug E-Ladesäulen und auch beim Wasserstoff muss die Infrastruktur zur Versorgung verbessert werden. Hier sehe ich die größte Herausforderung. Derzeit konzentrieren wir uns bewusst auf unsere Kunden im deutschen Markt und wollen bis 2035 nur noch emissionsfreie Abfallsammelfahrzeuge bauen. Zukünftig möchten wir gern auch weitere europäische Märkte bedienen.