Fachkräfte-Recruiting: Obstkiste und Dart-Scheibe reichen nicht

Clavey Automobile Dienstleistungs GmbH

Fachkräfte-Recruiting: Obstkiste und Dart-Scheibe reichen nicht

Die Maschinen sollen laufen, die Prozesse reibungslos funktionieren: Dafür braucht es Fachleute in der Instandhaltung. Doch Auszubildende zu gewinnen und zu halten, ist schwierig geworden. Wer kann, geht studieren und macht Karriere in Entwicklung oder Vertrieb. Um dem Fachkräftemangel „an der Basis“ zu begegnen, hat die Clavey Automobile Dienstleistungs GmbH in Braunschweig ihre Personalarbeit weiterentwickelt – und mit den Faktoren „menschlich“, „individuell“ und „persönlich“ einen erfolgversprechenden Weg beschritten.

Zu den Auftraggebern von Clavey gehören sowohl die OEMs der Automobilindustrie als auch deren Zulieferer, die Mechatroniker, Maschinisten oder Instandhalter benötigen, diese aber nicht selbst einstellen wollen oder gar nicht erst für sich gewinnen können. „An unserem Standort Leipzig wurden adhoc 50 Leute benötigt, und wir haben gesagt: wir sind in der Lage, das zu schaffen. Zum Start brauchten wir 30 neuen Kolleginnen und Kollegen und bis zum Jahresende weitere 20. Innerhalb von sechs Wochen hatten wir 28 unterschriebenen Arbeitsverträge“, erläutert Clavey-Geschäftsführer Torge C.H. Brandenburg.

Eine Gruppe von Menschen mit Clavey-Shirts geht in eine Werkstatt.
Eine „starke Truppe“: Clavey kommt mit seinen selbst zusammengestellten Teams in die Auto-Werkstätten. Bild: Clavey

Das funktioniere, „weil wir ein bisschen anders rekrutieren. Die Hälfte derer, die wir jetzt eingestellt haben, hätten bei traditionell arbeitenden HR-Abteilungen nicht mal eine Einladung zum Gespräch bekommen, weil es zum Teil sehr ‚gebrochene Lebensläufe‘ waren. Da sind Leute dabei, die zwischenzeitlich als Gärtner gearbeitet haben oder zur See gefahren sind – also eine ganz bunte Truppe.“ Mit 50 Einstellungen sei es jedoch nicht getan, aufgrund der Fluktuation.

Die Quote Bewerberinnen und Bewerber zu eingestellten Fachkräften betrage heutzutage im Markt etwa 15 zu1. „Daher macht es Sinn, das wir HR-Marketing und die Auswahlkriterien verändert haben.“

Um jeden Einzelnen persönlich kümmern

Die Erfahrung habe gezeigt, dass Großunternehmen, Konzerne und ihre Töchter oft nur einen „mittelmäßigen Ruf“ als Arbeitgeber hätten – und eine Beschäftigung bei einem mittelständischen Familienunternehmen attraktiver erscheine. Um sich attraktiv zu machen, hat Clavey sein Onboarding verbessert „Eine Obstkiste und eine Dart-Scheibe im Keller alleine reichen nicht. Wichtig ist die Betreuung“, sagt Geschäftsführer Brandenburg. „Die Botschaft an unsere Führungskräfte ist: Kümmert Euch um die Menschen, mit denen wir zusammenarbeiten – und zwar um jeden Einzelnen. Euer Job ist es, die persönliche Bindung zu Euren Kollegen und allen Mitarbeitenden zu vertiefen.“.

Faire Bedingungen, regelmäßige Gehaltsanpassungen und Urlaubstage über die gesetzlichen Vorgaben hinaus und zusätzliche Anreize wie betriebliche Altersvorsorge, eine Aufstockung der Krankenversicherung, Firmen-Fahrräder und ähnliches gehören bei Clavey sozusagen zur Grundausstattung. Aber Menschlichkeit, ein persönliches Verhältnis und individuelle Beachtung sind die berühmten I-Tüpfelchen, die das Gesamtpaket vervollständigen und für Mitarbeiter sorgen, die im Unternehmen bleiben. Wir sind dezentral organisiert und geben unseren Führungskräften die Freiheit, vor Ort so zu agieren wie auch ein Unternehmer es tun würde. Sie gehen dafür im Umkehrschluss die Verpflichtung ein, diese ‚Denke‘ vor Ort auch umzusetzen.“

Das sei alles kein Selbstläufer und müsse immer wieder trainiert werden, sagt Brandenburg: Die Mitarbeitenden merkten auf diese Weise, dass sie eine sinnstiftende Aufgabe haben, Teil eines Prozesses sind und sogar mitgestalten können. „Wenn wir also das individuelle Selbstwertgefühl derjenigen mit einer ‚bunten Vita‘ sicher einschätzen können und dann auch stärken, schafft das die Möglichkeit, dass es „menschelt“. Dann ist das Gesamtpaket erfolgreich.

Fachkräfte



Gründungsjahr: 1984
Anzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: 500; davon 390 in Deutschland; 110 in Polen und Ungarn


Clavey Automobile Dienstleistungs GmbH
Hannoversche Str. 60, Eingang A, 38116 Braunschweig
Telefon: 0531 / 286 00 0

info@clavey.eu
www.clavey.eu


„Die Botschaft an unsere Führungskräfte ist: Kümmert Euch um die Menschen, mit denen wir zusammenarbeiten – und zwar um jeden Einzelnen. Euer Job ist es, die persönliche Bindung zu Euren Kollegen und allen Mitarbeitenden zu vertiefen.“


Erfolgreiches Gesamtpaket bei der Fachkräfe-Gewinnung

Bilder: Clavey


Torge C.H. Brandenburg, Geschäftsführer Clavey
Torge C.H. Brandenburg, Geschäftsführer Clavey

Drei Fragen an: Torge C.H. Brandenburg

Ihr „Rezept“ gegen Fachkräftemangel ist Menschlichkeit, Individualität und Persönlichkeit. Wie sieht das praktisch aus?

Brandenburg: Es sind die Kleinigkeiten im Alltag. Mitarbeitende können sehr gut „fühlen“, ob es ehrlich ist, wenn der Projektleiter vorbeikommt und fragt ‚Wie geht’s‘ oder ‚Brauchst du etwas‘? Oder wenn ein Personalverantwortlicher bemerkt, dass ein Polohemd alt ist und dem Kollegen oder der Kollegin ein neues bringt. Unsere Führungskräfte sorgen dafür, dass die Mitarbeitenden bekommen, was sie brauchen. Und das gilt nicht nur für Polohemden. Dafür haben wir eigene Budgets eingerichtet, um mal einen Gutschein herauszugeben, wenn jemand zum Beispiel aus einer Maschine eine besondere Performance „herausgekitzelt“ hat. Das ist aber keine ‚Methode‘. Es ist vielmehr eine Denke und etwas, das nur durch Zusammenarbeit funktioniert. Es nützt nichts, jemandem die Verpflichtung zu geben: Geh jeden Tag durch die Firma und hau‘ deinen Mitarbeitern anerkennend auf die Schulter. Es ist wichtig, dass die Mitarbeitenden wahrnehmen, dass sie Teil eines Großen-Ganzen sind – und darauf Einfluss haben.

Das ist sicher auch wirtschaftlich sehr sinnvoll. Engagierte Mitarbeitende sorgen für Erfolge. Wie macht sich das bei Ihrem Kerngeschäft, bei der Prozess- und Anlagenoptimierung bemerkbar?

Brandenburg: Ja, dass Mitarbeitende für „ihren Auftrag“ sozusagen das letzte Hemd geben – im positiven Sinne – das sehen wir an allen unseren Standorten. Wenn ein Auftraggeber beispielsweise sagt: Am Montagmorgen muss diese oder jene Produktionsanlage laufen – also schon Stunden vorher angefahren werden, damit sie zu Schichtbeginn schon auf Taktzeit läuft –, dann sind es unsere Leute, die in freiwillig hinfahren und die Anlagen auf „Betriebstemperatur“ bringen, damit es ohne Verzögerungen losgehen kann. In diesem konkreten Beispiel war das keine Vorgabe, sondern das haben unsere Führungskräfte vor Ort dem Kunden vorgeschlagen und nach dessen Zustimmung die Umsetzung mit den Kollegen organisiert. Der Kunde schafft so eine höhere Stückzahl, unsere Leute werden als Teil des Betriebes wahrgenommen; sind also integriert und unsere Instandhalter haben so weniger kritische Stillstände, um die sie sich kümmern müssen. Das ist eine echte Win-Win-Situation.

Diese menschliche Komponente und das familiäre Führen von Mitarbeitenden ist das eine, aber Wirtschaftlichkeit und technische Weiterentwicklung das andere. Wie blicken Sie in die Zukunft angesichts von Digitalisierung und auch verstärktem Einsatz von KI?

Brandenburg: Weniger Ausschuss zu produzieren, die Effizienz zu steigern und Ressourcen zu schonen, ist genauso ein permanenter Prozess wie Energie sparen – und der besteht aus vielen einzelnen Maßnahmen. Wenn wir sehen, dass von einem Zulieferer viele Nicht-in-Ordnung-Teile kommen, dann fragen wir, ob wir mit einem unserer Instandhaltungs-Teams die Maschinen/ Produktionslinien mal begutachten sollen – als Externe, aber mit Expertenwissen und dem „Blick von außen“. Zeitgleich sorgen wir damit bei unseren Mitarbeitenden für eine weitere wichtige Komponente: wir schaffen interessante Aufgabenfelder neben den Tages-Routinen. So macht es den Fachleuten Freude zu schauen, was besser gehen könnte. Und sie nehmen solche Eindrücke auch mit zurück in die Betriebe und Anlagen, die sie normalerweise betreuen.
Wir bringen teilweise auch unser eigenes „Condition Monitoring“ bei unseren Kunden ein, d.h. wir erheben zusätzliche Daten – messen z.B. auch Temperaturen, Vibrationen oder Geräuschentwicklungen. Nehmen wir als Beispiel einen Elektromotor, von dem es mehrere baugleiche in einer Anlage gibt. Der Hersteller gibt vor, dass die Motoren nach soundsovielen Betriebsstunden gewartet werden müssen. Wir schauen aber, ob ein Motor nicht vielleicht viel mehr leisten muss als ein andere und können die Wartungsintervalle entsprechend verkürzen oder strecken. Dieses „Predicitve Maintenance“ sagt zwar nicht den Zeitpunkt voraus, wann ein Motor ausfällt, aber wir bekommen Wahrscheinlichkeiten aufgezeigt. Und das entlastet unsere Leute – die mit den öligen Fingern, mit der Nase direkt am Fett. Auch diese Arbeitsplätze haben es verdient, weniger belastend gestaltet zu sein. Denn wir brauchen, trotz aller Automatisierung und Digitalisierung, noch immer die Leute, die irgendwo reinkriechen und mechanisch, elektrisch oder elektronisch etwas verbessern oder richten.


Zwei Autos mit der Aufschrift BEN-Tec Ready for H2 vor einem Firmengebäude.

Raketentechnologie als Rundum-Sorglos-Paket

BEN-Tec GmbH, Energetische Beratung und Fachplanungsbüro

Raketentechnologie als Rundum-Sorglos-Paket

Eigentlich wollte der Geschäftsführer der BEN-Tec GmbH, Sebastian Niehoff, „nur“ Elektrolyseure für Tankstellen bauen, um sie mit Notstrom zu versorgen. Herausgekommen ist ein Verbund mehrerer kleinerer Unternehmen mit inzwischen mehr als 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, der in Sachen Wasserstoff das Rundum-Sorglos-Paket für Mittelständler anbietet und so etwas wie Fachkräftemangel gar nicht kennt.

„Kompetenz durch Umsetzung“ nennt der Energie- und Umweltingenieur seine Unternehmensphilosophie: „Wir müssen schnell sein, dazu umweltfreundlich, wirtschaftlich und zukunftssicher. Wir denken neu und suchen Partner und Netzwerke, denn ein Patent in der Schublade nützt uns nichts“, erklärt Niehoff. Deshalb setze er lieber fünf kleine Projekte um als ein großes, „weil wir dadurch viel schneller lernen“.

So und auch durch flexible Angebote zu arbeiten ist das Geschäftsmodell schnell gewachsen. „Wir beschäftigen hier Studenten, Absolventen und erfahrene Ingenieure, vom Minijob bis zur Vollzeitstelle“, ergänzt Eric Golbs, ebenfalls Ingenieur. Hochschulen würden gezielt angesprochen. BEN-Tec habe zudem frühzeitig angefangen, selbst auszubilden. So verschmelze junges, grenzfreies Denken und althergebrachtes Erfahrungswissen.

Die Vertreter der Firma BEN-Tec im Gespräch mit Gunda Fahrenkrog an einem Holztisch.
Informatives, interessantes Gespräch in der BEN-Tec-Zentrale in Rheine (v.l.): Sebastian Niehoff, BEN-Tec GmbH, Geschäftsführender Gesellschafter, Eric Golbs, BEN-Tec GmbH, Ingenieur für Energie- und Umwelttechnik, Samuel Jacubasch, H2Powercell GmbH, Entwicklungsingenieur und Gunda Fahrenkrog, Innnovationszentrum Niedersachsen, Themenmanagerin Energie.

„Wir sind ‚Energiewende-Gestalter‘ und bieten eine ‚Raketentechnologie‘ an. Denn ‚wir bauen Wasserstofftankstellen‘ klingt viel zu langweilig“, betont Golbs. Das ist auch bei weitem nicht alles, was der Wasserstoff-Unternehmensverbund bietet.

BEN-Tec entwickelt komplette Wasserstoffkonzepte in stationären und mobilen Anwendungen. Das erfolgreiche Produkt ist der „H2-Powercube“, in dem sowohl Elektrolyse als auch Stromgewinnung per Brennstoffzelle stattfinden können. Die notwendige Technik wird von der Firma H2 POWERCELL gebaut, ein weiteres Unternehmen installiert diese. Inbetriebnahme und Wartung wiederum übernimmt BEN-Tec. „So können wir die gesamte Schiene Wasserstoff abdecken“, sagt Geschäftsführer Niehoff.

Eigene Ausbildungsgänge entwickelt

Um seinen speziellen Bedarf an Fachkräften zu decken, hat das Unternehmen mittlerweile schon zwei neue Ausbildungsgänge gemeinsam mit IHK und Berufsschule entwickelt. BEN-Tec bildet zum „Technischen Systemplaner, Wasserstoff“ und zum „Technischen Produktdesigner“ aus. So wird die Kompetenzlücke zwischen dem Elektriker und dem Installateur geschlossen. Schulungen für Behörden, Handwerksbetriebe, Tankstellen oder Feuerwehren bietet zudem der „H2-Campus“ an, der als Plattform angelegt, die akademische und betriebliche Weiterbildung verknüpft.

Nicht zuletzt gibt es einen Unternehmenszweig, der die Wasserstoffanwender bei Förderanträgen unterstützt – entstanden aus der Erfahrung heraus, dass Formulare oft nur halb ausgefüllt zurückkamen. „Wasserstoff ist ohne Förderung noch nicht machbar, also bieten wir das mit an. Unsere Online-Formulare sind in der Branche so gut angekommen, dass einige große Marktbegleiter sie von uns erworben haben und ebenfalls nutzen“, so Niehoff.

Dabei wollte Sebastian Niehoff eigentlich „nur“ Elektrolyseure für Tankstellen bauen. Herausgekommen ist ein Mittelständler, der für andere Mittelständler den Energieträger Wasserstoff im Komplett-Paket nutzbar macht. Niehoffs Fazit: „Das, was wir jetzt machen, macht richtig Spaß!“

Fachkräfte, Antrieb, Energie



Gründungsjahr: 2017
Anzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: mehr als 50


BEN-Tec GmbH, Energetische Beratung und Fachplanungsbüro
Gutenbergstraße 30, 48282 Emsdetten

info@ben-tec.com
https://www.ben-tec.com/


„Wir haben von vorneherein eine junge Firmenkultur gepflegt und konnten so von Anfang an dem Fachkräftemangel begegnen. Die Hälfte der Belegschaft ist immer im Homeoffice. Wir bieten flexible Lösungen an, denn die Leute sollen so arbeiten, wie sie am besten können.“


Ganzheitlich und flexibel gedacht: Vom Mittelstand für den Mittelstand

Bilder: AAnds, BEN-Tec GmbH, Daniel Reißig / FAUN


Sebastian Niehoff, Geschäftsführender
Gesellschafter, BEN-Tec GmbH

Drei Fragen an: Sebastian Niehoff

Wie gelingt es Ihnen, junge Leute zu gewinnen, zu halten und weiterzubilden?

Niehoff: Wir brauchen Leute, die grenzfrei denken, weg vom „das haben wir immer schon so gemacht“. Deshalb halten wir zum Beispiel engen Kontakt zu Hochschulen und bekommen die Leute, die Lust haben, sich in ein Wasserstoff-Thema reinzuwühlen. Da sind auch schon die tollsten Abschlussarbeiten entstanden – eine Win-Win-Situation! Wir haben von vorneherein eine junge Firmenkultur gepflegt und konnten so von Anfang an dem Fachkräftemangel begegnen. Die Hälfte der Belegschaft ist immer im Homeoffice. Wir bieten flexible Lösungen an, denn die Leute sollen so arbeiten, wie sie am besten können. Einer Studentin haben wir einen Laptop mit ins Auslandssemester gegeben, ein anderer Mitarbeiter hat bei uns angefangen, als er noch für mehrere Monate in Spanien war. Und wenn unser Auszubildender erst um 10 Uhr kommt, weil das sein Biorhythmus ist, dann ist er motiviert, und wir müssen ihn nicht kontrollieren. Wir denken, diese intrinsische Motivation ist die beste Motivation, um Technogien, Innovationen und Projekte voranzubringen – und die wollen wir fördern.

Sie haben aus Ihrer Leidenschaft heraus ein Unternehmen entwickelt – und das ist schnell gewachsen. Wie wird es weitergehen?

Niehoff: Wir wollen die Konzepte der Zukunft entwickeln – und ich sage ausdrücklich, dass wir dafür auch E-Fuels und Strom als Antriebsenergie brauchen. Wasserstoff kann überall da zum Einsatz kommen, wo es um weite Strecken und große Transporte brauchen. Wir haben in Deutschland kein Energieproblem, sondern ein Zeitproblem. Wir brauchen eine zeitlich abgestimmte Bereitstellung. Mit unserem H2 Powercube können wir dezentral erneuerbare Energie speichern und in der Nacht wieder zur Verfügung stellen. Dieses Produkt wollen wir in Zukunft modular aufbauen, das heißt, dass es je nach Bedarf beim Wasserstoff-Hochlauf mitwachsen kann. Dabei wollen wir auch mit digitalen Zwillingen arbeiten und Standards erarbeiten. In Wettringen planen wir gerade einen Neubau.

Welche Bedeutung hat Niedersachsen für Ihr Unternehmen bzw. für den Wasserstoff-Hochlauf insgesamt? Was könnte die Politik noch besser machen?

Niehoff: Es gibt Energie-Senken und Energie-Quellen. Für Niedersachsen sehe ich große Chance, Energiequelle für andere Regionen zu sein, die eine Senke sind – wie zum Beispiel das Ruhrgebiet. Dafür brauchen wir eine Art Kataster, sodass wir Erzeugung und Bedarf zeitlich miteinander verknüpfen können. Niedersachsen hat viel Potenzial aufgrund seiner Fläche, einerseits in der Energieumwandlung, z.B. durch die Offshorewindparks, aber andererseits auch in Bezug auf das Infrastrukturnetz für Strom und Wasserstoff. Hier in der Region Bentheim, Emsland, Münsterland, Kreis Steinfurt ist eigentlich das Energie-Hub Deutschlands, von Nord nach Süd, von Ost nach West. Die Politik müsste noch offener denken, um vor allem bei der Förderung nicht so einen Flickenteppich zu haben. Niedersachsen erleben wir unkomplizierter bei der Förderung als Nordrhein-Westfalen. Die Förderung von Kleinelektrolyseuren in NRW wiederum könnte Vorbild für andere Bundesländer sein. Wir müssen flächendeckend denken, sonst funktioniert das mit der neuen Technologie nicht. Auch die Photovoltaik konnte nur durch Förderangebote skaliert werden – und ist jetzt eine günstige Form, Elektrizität zu erzeugen.