JUTEC Hitzeschutz und Isoliertechnik GmbH

Wenn die Batterie überhitzt: Spezial-Textil mildert die Folgen ab

Gefahr erkannt – Gefahr gebannt. So lässt sich in nur wenigen Worten die Transformationsstory der JUTEC Hitzeschutz und Isoliertechnik GmbH aus Rastede im Landkreis Ammerland zusammenfassen. Gemeint ist die Gefahr, die von einer überhitzten Lithium-Ionen-Batterie, zum Beispiel im E-Auto oder in einem E-Bike, ausgehen kann. Die Gefahr bannen kann eine neu entwickelte Brandbegrenzungsdecke des Unternehmens: Hergestellt aus einem hochtemperaturbeständigen Textil, mit dem JUTEC schon mehrere Jahrzehnte Erfahrung hat, das sprinkler- und löschwassertauglich ist.

Auslöser für den Einstieg im Bereich E-Mobilität war der Anblick von etwa 20 E-Bike-Akkus, die in einem Keller gleichzeitig, nebeneinander auf einem Holzbrett liegend, geladen wurden – wobei drei schon eine verdächtig hohe Temperatur hatten. Warum also nicht einen Hitzeschutzbeutel für Fahrrad-Akkus im Privatgebrauch entwickeln, fragte sich Firmenmitinhaber Stefan Jung. Als Experte für Spezialtextilien war er vor gut 33 Jahren in das Unternehmen seines Bruders Axel mit eingestiegen. Diesen Beutel gibt es zwar noch nicht, aber JUTEC hat die Idee weiter im Blick und engagiert sich zudem mit seiner Expertise für Vorgaben und Normen im vorbeugenden Brandschutz.

Erlös aus Decken dient der Weiterentwicklung

„Wir haben uns dann erstmal auf Brandbegrenzungsdecken für Pkw, Gabelstapler und ähnliches fokussiert, weil wir auch da einen dringenden Bedarf gesehen haben und das schneller umsetzen konnten“, berichtet Jung. „Am Markt fanden sich Materialien, die für solche Decken der Spitzen-Temperatur bei einem Lithium-Ionen-Batteriebrand von ca. 1.000 Grad Celsius nicht standhielten. Alle Materialien, die wir kennengelernt haben, lösten sich vorher auf, so z. B. auch Glasfasergewebe, das bei ca. 850°C in sich zusammenschmolz wie Zuckerwatte.“

Hier steht keineswegs die Präsentation eines neuen Automodells bevor: Das ist präventiver Schutz gegen die Folgen einer überhitzten E-Auto-Batterie. Die Decke aus hitzebeständigem, aber wasserdurchlässigem und offenporigem Gewebe verhindert das Übergreifen eines Brandes auf Gebäude oder andere Autos. Bild: JUTEC

Die Materialien aber, mit denen JUTEC z. B. Maschinen und sensible Messstationen in der Stahlindustrie gegen umherfliegende Schlacke schützt, haben einen Schmelzpunkt von ca. 1.600 Grad Celsius. Also entwickelte JUTEC innerhalb eines Jahres moderne Brandbegrenzungsdecken aus dem Spezial-Gewebe. Bestehende Maschinen wurden anders ausgerichtet bzw. neue dazugekauft. Seit Anfang 2023 werden die neuen Brandbegrenzungsdecken in verschiedenen Aufbewahrungsformen vermarktet. Der Synergieeffekt dabei: Über den Verkauf sollen die nötigen finanziellen Mittel für die Weiterentwicklung der E-Bike-Akkubeutel und weitere Produkte beschafft werden.

Flammen „einfangen“ – Großbrände verhindern

Sechs mal acht Meter ist die Standardgröße der Decke: „Damit lässt sich auch ein kleiner SUV abdecken“, erläutert Heiko Brunswig, Mitarbeiter im neuen Vertriebsbereich Batterieschutz bei JUTEC. „Dazu bieten wir einen passenden Trolley an, als mobile und schnelle Einsatzlösung für wechselnde Arbeitsplätze, der auch für Fähren geeignet ist, weil er wasserdicht ist.“ Mit der Feuerwehr wurde eine dazugehörige Einsatztasche entwickelt, die sich komplett öffnen und zur Entnahme plan legen lässt. Nicht zuletzt ist ein Aufputzschrank erhältlich, in dem die Decke z. B. in Parkhäusern in der Nähe von E-Ladesäulen vorgehalten werden kann.

JUTEC-Mitinhaber Stefan Jung möchte erreichen, dass Brandbegrenzungsdecken grundsätzlichen in der niedersächsischen Garagen- und Stellplatzverordnung Berücksichtigung finden und etwa drei bis vier Decken pro zehn Ladesäulen verpflichtend werden. „Es geht uns darum, Leib und Leben zu schützen und zu verhindern, dass ein Brand auf andere, daneben geparkte Fahrzeuge oder das Gebäude übergreifen kann. Überall finden sie Feuerlöscher, damit können sie aber bei einem Batteriebrand nichts erreichen.“ Als allererstes – oder sogar auch präventiv – sollten die E-Autos bei einer erkennbaren oder möglichen Batterie-Havarie abgedeckt werden, meint Jung.

Mit dem ersten Schutzmittel direkt in der Nähe von Ladesäulen, werde die Hilfsfrist für die Feuerwehr verlängert, indem vor Ort weitere Maßnahmen einleitet und der Schaden somit gemindert wird. In größeren Parkgaragen sorgt zunächst auch schon die Sprinkleranlage für die Kühlung der Brandbegrenzungsdecke, durch deren Feuchtigkeitsaufnahme selbst die Karosse darunter gekühlt werden kann. Deshalb sei es auch so wichtig, dass das Gewebe wasserdurchlässig und offenporig ist, ergänzt Vertriebsmitarbeiter Brunswig. Andere Textilien hingegen seien z. B. mit Silikon beschichtet, was einerseits das Kühlen unmöglich mache und auch die Gase einschließe. Diese müssten aber entweichen können, damit sie nicht unter der Decke zu einer Art Ballonbildung führen und schon beim kleinsten Funken, wen man die Decke anhebt, explodieren können.

E-Mobilität, Batterie



Gründungsjahr: 1987
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: 100


JUTEC Hitzeschutz und Isoliertechnik GmbH
Am Autobahnkreuz 6-8, 26180 Rastede

Tel. 04402/8632-0

akkuschutz@jutec.com
www.jutec.com


„Es geht uns darum, Leib und Leben zu schützen und zu verhindern, dass ein Brand auf andere, geparkte Fahrzeuge oder Gebäude übergreifen kann. In großen Garagen finden Sie überall Feuerlöscher, damit können sie aber bei einem Batteriebrand nichts erreichen. Sprinkleranlagen sind bereits Vorschrift. Jetzt hat man die Chance, das zu kombinieren, um bei einer „thermal propagation“, einer Durchgehreaktion der Batterie, die Folgen abzumildern.“

Stefan Jung, Unternehmensinhaber JUTEC Hitzeschutz und Isoliertechnik GmbH

 

Heiko Brunswig, Entwicklung und Vertrieb JUTEC Hitzeschutz und Isoliertechnik GmbH

Drei Fragen an: Stefan Jung und Heiko Brunswig

Sie setzen sich im Normenausschuss für Standards von technischen Textilien ein und haben vorgeschlagen, Brandbegrenzungsdecken als Vorschrift in die niedersächsische Garagen- und Stellplatzverordnung aufzunehmen. Warum ist das wichtig?

Jung: Die Norm wird im Juni/Juli herauskommen. Sie wird die Anforderungen an Brandbegrenzungsdecken festlegen, die für Elektrofahrzeuge genutzt werden. Sprinkleranlagen sind bereits Vorschrift. Jetzt hat man die Chance, das zu kombinieren, um bei einer „thermal propagation“, einer Durchgehreaktion der Batterie, mit einer wasserdurchlässigen und offenporigen Decke und dem kühlenden Wasser aus der Sprinkleranlage die Folgen abzumildern, da die Flammen unter der Spezial-Decke eingekapselt werden und ein Übergriff auf andere Objekte verhindert werden kann. Damit würde man zeigen: wir haben verstanden und wir warten nicht erst ab, bis es in einer Tiefgarage extrem heftig brennt, bevor es eine Vorschrift gibt. Das hat nichts mit JUTEC oder unserem Produkt zu tun, sondern es wäre allgemein sinnvoll, um die Umgebung zu schützen und Schlimmeres zu verhindern. Eine Richtlinie oder Verordnung ist etwas anderes als eine Kann- oder Absichtserklärung.

Brunswig: In jeder Tiefgarage haben wir Feuerlöscher stehen, das war damals die gleiche Diskussion. Die Feuerwehr hat uns gesagt, dass ihre Fahrzeuge so voll gepackt sind, dass sie nicht auch noch Brandbegrenzungsdecken zum Einsatz mitbringen können. Von daher ist es doch eigentlich die einzige Lösung, damit direkt zu den Ladesäulen zu gehen. Ein Verhältnis von 3 zu 10 würde ausreichen, damit ich die links und rechts geparkten Autos zusätzlich schützen kann, wenn ich an das brennende Auto selbst nicht gut rankomme. Das gleiche würde auch in Werkstätten Sinn machen oder vor allem auch an Tankstellen, die jetzt mit auch mit Ladesäulen aufgerüstet werden sollen.

Wie beschreiben Sie Ihre Alleinstellungsmerkmale?

Jung: Wir produzieren in Niedersachsen. Heutzutage finden Sie kaum noch eine Näherei in Deutschland, die sich mit Spezialtextilien beschäftigt. Dazu kommt die 35-jährige Markterfahrung. Wir haben Erfahrung mit technischen Textilien – durch die Schutzkleidung, die wir an die Stahl-, Aluminium- und Glasindustrie liefern, und durch Isolierungen für Abgasanlagen, sowie Hitzeschutz in der Schweißtechnik und textile Kabinen für mobile Hochleistungslaser, die die Autohersteller einsetzen. Da wir als Hersteller auch Entwickler sind, können wir viel flexibler reagieren. Unsere Erfahrung außerhalb Deutschlands ist: Made in Germany ist im Ausland, gerade im arabischen und asiatischen Bereich, ganz vorne. Es wird sehr viel Wert darauf gelegt.

Brunswig: Diese absolute Flexibilität, die wir dem Kunden anbieten, ist sehr entscheidend. Fahrzeuge gibt es in vielen unterschiedlichen Längen. Wenn z.B. eine ein Meter längere Brandbegrenzungsdecke benötigt wird, können wir liefern. Auch dafür halten wir die Produktion in Deutschland aufrecht und denken keinesfalls daran, Deutschland oder Niedersachsen zu verlassen. Im Gegenteil: es ist sogar vorstellbar, dass JUTEC die Produktionskapazität noch ausweitet. Die Anzahl von Batterien und E-Autos wird bekanntlich zunehmen, und auch die Zahl der Ladesäulen. Und wenn man berücksichtigt, dass eine kritische Situation, durch die eine Batterie in Brand gerät, zu 80 bis 85 Prozent beim Laden entsteht, ist es nur sinnvoll, in der Nähe der Ladesäulen für Schutz zu sorgen.

Welche Bedeutung hat für Ihr Unternehmen der Standort Niedersachsen?

Jung: Wir entwickeln und fertigen hier in Niedersachsen. Am Produktionsstandort Rastede verfügen wir über eine Konfektion mit 60 Näharbeitsplätzen und kennen eigentlich keinen Fachkräftemangel. Wir müssen ohnehin jede und jeden an unseren Maschinen ausbilden. Konfektion technischer Textilien ist kein Lehrberuf. Aber jede und jeden, der nähen kann und technisches Verständnis hat, können wir schulen. Das Oberzentrum Bremen / Oldenburg mit der gut ausgebauten Infrastruktur und unsere Nähe vom Industriegebiet zur Autobahn ist für uns ideal. Wir sind und bleiben verbunden mit unserem schönen Bundesland Niedersachsen.