Kelvion PHE GmbH

"Heiße Platten, kühle Köpfe"

Was vor fast 100 Jahren zunächst für Milch funktionierte, wird nun für Wasserstoff adaptiert: Kelvion PHE aus Sarstedt reagiert mit der Anpassung seiner Plattenwärmetauscher auf die rasante Entwicklung der Energiewelt – und geht den Weg gemeinsam mit Kundinnen und Kunden sowie mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Die Herausforderung dabei: Es gibt derzeit noch keine einheitlichen, technischen Standards für Wasserstoffanwendungen.  

Worauf die Ingenieurinnen und Ingenieure aber zurückgreifen konnten, ist die jahrzehntelange Erfahrung in ihrem Unternehmen und ein breites Produktspektrum, das in Sarstedt seit der Erfindung des ersten Plattenwärmetauschers für die Milchpasteurisierung im Jahr 1931 entstanden ist. Heute entwickelt und baut Kelvion PHE Plattenwärmetauscher nicht nur für die Nahrungsmittelbranche, sondern auch für Kältetechnik und Klimaanlagen, für die Chemie-, Textil- und Papierindustrie – und für den Bereich Energie.

Da hier insbesondere Wasserstoff als Energieträger einen wahren Boom erlebt, ist es naheliegend, dass der Sarstedter Spezialist für Plattenwärmetauscher den aufstrebenden Markt mit kühlem Kopf für sich erobert – und zwar von der Produktion über die Verteilung, den Transport, die Speicherung bis hin zur Nutzung von grünem Wasserstoff. „Es entsteht immer Wärme. Und wir haben für jede Anwendung entlang der Wertschöpfungskette sowohl die passenden Produkte als auch Serviceangebote, die die Lebensdauer unserer Wärmetauscher verlängern. Das sind unsere Stärken“, Evgenij Loginov, Hydrogen Market Manager bei Kelvion.

Der Weg der Veränderung begann 2021, als innerhalb der gesamten Unternehmens-Gruppe sich ein „Wasserstoff-Team“ gründete und nach einer konzernweiten Bestandsaufnahme die weltweite Nachfrage analysierte. Daraus entstand die Strategie, zunächst den europäischen Markt, wo die Erzeugung von grünem Wasserstoff im Vordergrund steht, zu bedienen. In den USA dagegen setzt man verstärkt auf Brennstoffzellen und in Asien geht es wiederum vorrangig um die Entwicklung einer Wasserstoffinfrastruktur und Wasserstoffanwendungen.

Neuland für Hersteller, Kunden und Mitarbeiter

Aus technischer Sicht betreten die Kundinnen und Kunden sowie Kelvion selbst Neuland: Es gibt derzeit keine Standards, wie ein Wärmetauscher für Wasserstoff beschaffen sein muss, damit er zum Beispiel effizient und sicher ist. Hydrogen Market Manager Loginov sieht darin Chancen: „Im Kundengespräch, zum Beispiel mit den Herstellerinnen und Herstellern von Elektrolyseuren, bringen wir unsere langjährige Erfahrung und Kompetenz ein, entwickeln gemeinsam Spezifikationen und können zusätzlich in den Prototypenbau einsteigen.“

Um schnell auf Kunden- und Produktanforderungen reagieren zu können, arbeitet Kelvion global eng zusammen. Der niedersächsische Standort Sarstedt nimmt dabei die zentrale Position des „Center of Competence“ für Plattenwärmetauscher innerhalb der Kelvion-Gruppe ein. Loginov sieht den Standort damit bestens aufgestellt, um auch weiterhin das Produktportfolio stetig anzupassen und zu erweitern. Die Voraussetzungen dafür seien in Sarstedt durch die Qualität der rund 400 Mitarbeiter, der Professionalität der Produktentwicklung und in der technischen Ausstattung des Werks bestens gegeben. Gerade entsteht bei Kelvion am Standort Sarstedt eine neue Fertigungshalle für gelötete Plattenwärmetauscher, die in Wärmepumpen eingesetzt werden – ein Markt, der ebenfalls gerade einen wahren Boom erlebt.

Produktion, Energie



Gründungsjahr: 1920
Anzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter:  400 in Sarstedt, 5.000 weltweit
Sitz der Mutterfirma: Bochum


Kelvion PHE GmbH
Karl-Schiller-Straße 1-3, 31157 Sarstedt
Telefon +49 5066 6010

https://www.kelvion.com


„Für uns als Wärmetauscher-Hersteller bedeutet die Transformation, dass wir zusammen mit unseren Kunden individuelle Lösungen finden müssen, die enge Zusammenarbeit und umfassende technische Expertise erfordern. Dies ist Herausforderung und Chance zugleich.“


Mit der Kraft von 8.000 Elefanten

Bilder: Kelvion PHE, AANds


Evgenij Loginov, Hydrogen Market Manager bei Kelvion
Evgenij Loginov, Hydrogen Market Manager bei Kelvion

Drei Fragen an: Evgenij Loginov

Auf welche Schwierigkeiten stoßen Sie bei der Entwicklung von Plattenwärmetauschern für die Wasserstoff-Industrie?

Loginov: Am Anfang jeder Produktentwicklung steht die Spezifikation. Bei Wasserstoff fehlen derzeit noch Regelwerke. Wenn ein Kunde sagt, ‚ich brauche einen Wärmetauscher, der ein Gas von 500 auf 100 Grad Celsius kühlen kann‘, dann muss ich neben der Anpassung von Material und Oberfläche auch herausfinden, welche Sicherheitsstandards zu erfüllen sind. Das entwickelt sich derzeit noch. Die Kunden aus der Öl- und Gas-Branche wissen, was sie wollen und welche Bestimmungen für ihre Anwendungen einzuhalten sind. Das ist bei den Kunden aus der Wasserstoff-Branche derzeit noch anders. Hier setzen wir uns mit dem Kunden zusammen, um gemeinsam die Anforderungen an die Eigenschaften des gewünschten Wärmetauschers zu beraten und abzustimmen. Was uns dabei hilft, ist, dass wir nicht nur ein gutes Team haben, sondern eben ein breites Spektrum an Wärmetauscher-Bauformen, standortübergreifende Beziehungen und ein globales Fertigungs- und Servicenetzwerk. Dass die Standards fehlen, ist auch eine Chance. Hier haben wir die Möglichkeit, durch Gremienarbeit mitzugestalten, und das machen wir auch.

Der Standort Sarstedt ist Kelvions „Center of Competence“ für Plattenwärmetauscher. Was bedeutet das genau?

Loginov: Wir stellen hier unter anderem die Wärmetauscher her, die bei der Herstellung von grünem Wasserstoff eingesetzt werden können oder in Betankungsanlagen. Um den steigenden Bedarf, zum Beispiel auch die Nachfrage nach Wärmepumpen, zu decken, erweitern wir derzeit unsere Produktionskapazitäten. Wir haben das Ziel, 2027 45 Prozent des gesamten Umsatzes im Bereich „grüne Technologien zu machen“. Das heißt, dass wir auf Dauer noch viel Arbeit an unserem Standort haben werden. Es heißt allerdings auch, dass wir hier am Standort anpassungsfähig bleiben und unsere unternehmensweit überlegene Kernkompetenz erhalten müssen. Wir werden unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf dem Weg mitnehmen. Für den sicheren Umgang und die kompetente Anwendung neuer Technik brauchen wir kontinuierlich Schulungen und Weiterqualifizierung. Wir alle müssen gemeinsam lernen, dass die Welt sich immer schneller dreht.

Welchen Standortvorteil bietet Ihnen Niedersachsen?

Loginov: Als Komponentenhersteller und Zulieferer haben wir wenig Einfluss darauf, wie schnell sich die Wasserstoffwirtschaft entwickelt. Unser Handeln richtet sich eng an den Kunden aus, ihren Bedürfnissen bei kleinen und großen Aufgaben. Trotzdem wird Sarstedt auch künftig der Lieferant für Niedersachsen, Deutschland und Europa sein. Denn hier in Niedersachsen gibt es viel Wind- und auch Solarenergie, die unsere Kunden, die großen Anlagenbauer, zur Herstellung von grünem Wasserstoff nutzen können. In Lingen sind wir bereits an großen Projekten beteiligt. Niedersachsen hat nicht nur viele Offshore-Windräder mit grüner Energie für die Elektrolyse, sondern auch die Häfen für den Import von flüssigem Wasserstoff. Diese Standortattraktivität sollte man forcieren. Die OEM sind auf der Suche nach guten Standorten für ihre Fertigungskapazitäten. Daran – und an den nötigen Kapitalgebern – fehlt es im Moment. Der Wasserstoff-Markt kann gar nicht so schnell wachsen, wie er möchte.