LB.systems GmbH

Rettung vor dem Schredder: Zweites Leben für Batterien

Mehr als die Hälfte der Batterien aus Elektro- und Hybridfahrzeugen, die in Deutschland recycelt werden, sind quasi neuwertig und könnten noch für über zehn Jahre als stationäre Energiespeicher unter anderem für  Haus- oder  Industrieanwendungen eingesetzt werden: Diese Erkenntnis war ausschlaggebend für Lasse Bartels und seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter, die Transformation der Automobilindustrie hin zur E-Mobilität zu ihrem Geschäftsfeld zu machen und für die zunehmend steigenden Mengen an Traktionsbatterien eine nachhaltige Nachnutzung anzubieten.

Ausgestattet mit reichlich Erfahrung durch den Bau von Rennwagen mit Hochvolt-Antrieb für den internationalen Konstruktionswettbewerb „Formular Student“ gründeten sie im Jahr 2019 das Startup LB.systems. Ihre Mission: Mit Lithium-Ionen-Batterien so ressourcenschonend wie möglich umzugehen und diesen vor ihrem Ende im Schredder noch ein zweites Leben zu geben.

Von links: Olexander Filevych von der Automotive Agentur im Gespräch mit Lasse Bartels und Carina Heidermann von der Firma LB.systems vor einem geöffneten Batteriepack aus einem Hybridauto.
Von links: Olexander Filevych von der Automotive Agentur im Gespräch mit Lasse Bartels und Carina Heidermann von der Firma LB.systems.

Inzwischen bildet das Unternehmen die gesamte 2nd-Life-Prozesskette ab – von der Abholung bis zur Neuinstallation der Speicher – und hat sich damit sein Alleinstellungsmerkmal erarbeitet. Das Besondere dabei ist das eigene Testverfahren, das in Sekundenschnelle mittels zahlreicher selbstentwickelter Parameter über den Gesundheitszustand der ausgedienten Traktionsbatterien mit einer hohen Zuverlässigkeit Auskunft gibt. Die Effizienz und die Schnelligkeit dieses Verfahrens erlauben dem Unternehmen unter wirtschaftlichen Bedingungen große Stückzahlen in kürzester Zeit testen zu können.

Im Energienetz: Den Tag in die Nacht bringen

Das Ergebnis der Tests: Fast alle Batteriemodule in den getesteten Traktionsbatterien sind in der Regel noch nutzbar. LB.systems holt die Module aus ihren Gehäusen heraus, separiert Kabel und Sicherungen. Anschließend werden diese mit eigenen Platinen an die eigens entwickelte Steuerungssoftware angeschlossen und in Gehäusen für den Gebrauch als Groß- oder Heimspeicher inklusive Wechselrichter zusammengebaut. Nach einigen Sonderanfertigungen für die Industrie war die erste Heimspeicherlösung Anfang 2023 serienreif. Dabei sehen die Firmengründer und -gründerinnen gute Absatzchancen: Der Bedarf an Batteriespeichern ist ihrer Einschätzung nach im Energienetz zum Beispiel zur Speicherung von erneuerbaren Energien sehr groß. Mit dem Second-Use von „alten“ Traktionsbatterien könne der Anteil der erneuerbaren Energieform erhöht werden.

Die Anlagen von LB.systems könnten als Zwischenspeicher „den Tag in die Nacht bringen oder den windigen Tag in die Flaute“. Jeder und jede, der Lust hat, an der Energiewende teilzunehmen, soll dazu die Möglichkeit haben, so die Philosophie des Unternehmens. Ziel des Unternehmens ist es daher, auch die Speicher zu digitalisieren und z. B. große Energie-Container in einer Gemeinde aufzustellen und digital in den Stromtarif von vielen Haushalten einzubinden.

 

E-Mobilität, Batterie



Gründungsjahr: 2019
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter:


LB.systems GmbH
Arndtstr. 5, 38118 Braunschweig
info@LB.systems
www.LB.systems

Weiterer Standort in Niedersachsen:
John-F.-Kennedy-Str. 43-53, 38228 Salzgitter


„Im Studium lernt man: Batteriesysteme aus Elektrofahrzeugen werden zum Energiespeicher und gehen erst dann ins Recycling, aber in der Praxis sieht es ganz anders aus.“


Vom E-Auto in den Schaltschrank: Wie Speichermodule weiterleben dürfen

Bilder: LB.systems, Lions Racing Team e.V.


Eine Portraitaufnahme von Lasse Bartels von der Firma LB.systems

Lasse Bartels, Geschäftsführer des Startups LB.systems

Drei Fragen an: Lasse Bartels

Welche weiteren Herausforderungen für Ihr Unternehmen sehen Sie?

Bartels: Wir versuchen gerade, die Kosten für Zertifizierungen der Produkte gering zu halten. Normalerweise hat man ein Produkt, dessen Einzelteile immer gleich sind, bei uns ist es aber so, dass wir chargenweise ganz andere Grundbausteine haben, also jeweils andere Batteriemodule. Wenn wir das für jeden Typ einzeln zertifizieren, sind die Kosten einfach enorm hoch. Außerdem fehlt uns das Fachpersonal. Mit unserem Firmenkonzept kann man Arbeitsplätze schaffen, aber es gibt kaum Hochvolt-Experten und auch keine entsprechende Ausbildung mit Fokus auf Batteriespeicher. Wir möchten gerne Lehrbetrieb werden. Das werden wir jetzt angehen.

Was ist Ihre Erwartung an die Politik?

Bartels: Als ich gesehen habe, wie neuwertige Batterien und damit wertvolle Produkte zerstört werden, war das der Schlüsselmoment zu sagen: Da muss es einen Prozess und ein Unternehmen geben, das 2nd-Life in großem Stil in Deutschland umsetzt. Wenn eine Batterie nach nur wenigen Kilometern aussortiert wird, dann ist das nicht mehr effizient. Auch im Studium lernt man: Batteriesysteme aus Elektrofahrzeugen werden zum Energiespeicher und gehen erst dann ins Recycling, aber in der Praxis sieht es ganz anders aus. Ich denke, das Kreislaufwirtschaftsgesetz müsste klar sagen: Dinge, die noch gut sind, müssen weiter genutzt werden und nicht sollen oder können.

Welche Bedeutung hat der Standort Niedersachsen für Sie und Ihr Unternehmen?

Ich bin an der Nordseeküste aufgewachsen und dadurch wurden mir Windkraft und erneuerbare Energien sozusagen in die Wiege gelegt. Über meine Familie habe ich viel zum Thema Energie-Einspeisemanagement und -Speicher mitbekommen. Viel wichtiger war aber noch die „Formular Student“, über die wir sehr gut vernetzt sind. Wir haben rund 120 Unternehmen gehabt, die uns dabei unterstützt haben, für die Formular Student das umzusetzen, was wir uns ausgedacht haben. Diese Vernetzung hilft uns heute immer noch, besonders am Standort Salzgitter, wo uns Bosch mit Räumlichkeiten unterstützt. Wertvoll ist auch, dass unsere Partnerunternehmen erreichbar sind und wir nicht nur die verlängerte Werkbank in China haben, sodass man auch mal jemanden besuchen und mit jemandem sprechen kann, um dann die Ideen umzusetzen.