RE.LION.BAT. Circular GmbH

Batterierecycling: So geht Joint Venture auf emsländisch

Im Emsland kennt man sich, im Emsland besiegelt man Verträge per Handschlag, außerdem sind die Emsländer ein verbindliches und ehrliches Niedersachsenvolk. So ist zu erklären, dass die in der Entsorgung tätige Deppe Unternehmensgruppe aus Lingen mit der Fahrzeug-Werke LUEG AG aus Bochum in rasanter Geschwindigkeit ein Joint Venture ins Leben gerufen hat: Die RE.LION.BAT. Circular GmbH baut nun eine Batterie-Recyclinganlage in Meppen.

Nicht mal ein Jahr nach dem Spatenstich soll im Herbst 2024 der Testbetrieb beginnen und nur wenige Monate später auf eine Jahreskapazität von ca. 20.000 Tonnen Altbatterien hochgefahren werden. Alle notwendigen Prozessschritte bis zur schwarzen Masse wird RE.LION.BAT. in ihrer Anlage anbieten können – und das sowohl für Batterien aus dem Automobilsektor als auch für Mikro- und Kleinstbatterien. Sich möglichst breit aufstellen lautet hier die Devise. Auch die „unbeliebten“ LFP- (Lithium-Eisen-Phosphat) Batterien soll die Anlage verarbeiten können.

Drei Männer in gelben Westen stehen hinter einem Autombatteriemodul.
Olexander Filevych (m.) und Dr. Oleksandr Gryshkov (r.) haben sich vom Geschäftsführer der RE.LION.BAT. Circular GmbH, Christoph Spandau, die Autobatterie-Module (hier die einey bayerischen Autoherstellers) zeigen lassen, die das Joint Venture-Unternehmen unter anderem künftig komplett recyceln wird.

Als zunehmend Anfragen aus dem Lithium-Ionen-Bereich an Deppe herangetragen wurden, stand die Entscheidung fest, aus den neuen Bedürfnissen der Auto-Industrie ein neues Geschäftsfeld zu entwickeln. Ein Unternehmen, das die neue Recycling-Anlage bauen könnte, war schnell gefunden. Nach dem ersten Treffen begann sogleich die Planung nach einem Vorbild in Schweden: Bis zu 1,5 Meter große Module wird die Anlage schreddern können und somit zukunftssicher konzipiert sein.

„Wir haben den Anlagenbau festgelegt, wir haben den Handschlag gemacht, wie es hier im Emsland üblich ist“, erzählt Christoph Spandau, Geschäftsführer der RE.LION.BAT. Circular GmbH. Auch die Suche nach dem Grundstück lief nach anfänglichen Überzeugungsschwierigkeiten reibungslos: Aus Meppen hieß es, es sei noch ein Gelände frei. „Das war Glück und Zufall, und ist der guten Vernetzung im Emsland zu verdanken“. Die 3,5 Hektar passten exakt auf die Bedürfnisse: mit Autobahnanschluss, in der Nähe zu den Niederlanden, unmittelbar neben dem großen Auto-Recycler Kempers. Auch das bedeutet in Zukunft kurze Wege vom Recycler zum Recycling. Insgesamt bietet das Gelände in Meppen Erweiterungspotenzial für das Recycling von ca. 60.000 Tonnen Altbatterien pro Jahr.

Win-Win-Situation für alle Beteiligten

In das Joint Venture bringt die Deppe-Unternehmensgruppe ihre über 100-jährige abfallrechtliche Kompetenz in Umgang mit gefährlichen Blei-Batterien sowie ihre Marktstellung ein. Die LUEG AG sorgt für das dezentrale Einsammeln der Autobatterien und übernimmt in seinen Werkstätten die Vorstufen des eigentlichen Recyclingprozesses. „Dort haben wir die Expertise für das Thema 2nd Life, Reparatur, Entladung und Demontage, weil immer mehr E-Fahrzeuge in die Werkstätten kommen. Und die Kunden, die heute Blei-Batterie-Kunden sind, werden zukünftige E-Kunden sein. So sichern wir Arbeitsplätze“, erwartet Spandau. Er sieht deshalb gute Chancen, erfolgreich zu sein.

Damit nicht genug: Die Anlage soll so nachhaltig wie möglich sein und das Angebot ganzheitlich. Das Recycling wird mit regional erzeugter Energie aus Sonne und Wind betrieben. „Der Prozess läuft ohne Einsatz fossiler Brennstoffe, selbst in der Abgase-Nach Behandlung nutzen wir elektrischen Strom. Durch die Bauvorschriften sind wir daran gehalten, Photovoltaik einzusetzen, und wir haben viele Windparks hier vor der Tür, das können wir ausnutzen“, so Geschäftsführer Spandau.

Für die Kunden entsteht ein Rundum-Sorglos-Paket, das auch Lösungen zur sicheren Lagerung, zum Brandschutz sowie zum Umgang mit beschädigten Lithium-Ionen-Batterien bietet. Durch die entsprechende Zertifizierung kann das Unternehmen die als Abfall deklarierten Autobatterien nach einem SoH-Batteriecheck (State-of-Health) bei entsprechender Eignung wieder für Second-Life-Anwendung wie Batteriespeicher anbieten.

E-Mobilität, Batterie, Kreislaufwirtschaft



Gründungsjahr: RE.LION.BAT. Circular GmbH: 2023 I Deppe: 1900
Anzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: RE.LION.BAT. Circular GmbH: 5 I Deppe: 70


RE.LION.BAT. Circular GmbH I ein Joint Venture
der Deppe-Unternehmensgruppe und der
Fahrzeug-Werke LUEG AG

Brüsseler Str. 10, 49716 Meppen
Telefon: 0151 / 416 433 50

info@relionbat.com
www.relionbat.com

Weiterer Standort in Niedersachsen:
Schillerstr. 25, 49811 Lingen


„Wir sind einen sehr direkten Weg gegangen. Auch die Bereitschaft zum Risiko und die Überzeugung, dieses Projekt in der Region als Leuchtturmprojekt platzieren zu wollen, ist das, was das Umfeld begeistert hat. In der Summe waren es die Schnelligkeit und die Kunst, die richtigen Menschen in kürzester Zeit an einen Tisch zu bringen, vom Projekt zu überzeugen und dann gemeinsam die Route einzuschlagen.“

Christoph Spandau, Chief Executive Officer, RE.LION.BAT. Circular GmbH
Christoph Spandau, Chief Executive Officer, RE.LION.BAT. Circular GmbH
Michael Kedwesch, Geschäftsführender Gesellschafter, Deppe Batterieservice GmbH & Co. KG
Michael Kedwesch, Geschäftsführender Gesellschafter, Deppe Batterieservice GmbH & Co. KG

Drei Fragen an: Christoph Spandau und Michael Kedwesch

Worin sehen Sie die Gründe für den schnellen Erfolg? Was können andere Unternehmen von Ihnen lernen?

Spandau: Neben unserer Kompetenz im Bereich Abfallwirtschaft, war es auch die Geschwindigkeit, Entscheidungen zu treffen. Dazu sind es ein gutes Netzwerk, Ehrlichkeit und Verbindlichkeit, ja, und auch die Nachhaltigkeit. In Summe war es die Kunst, die richtigen Menschen in kürzester Zeit an einen Tisch zu bringen, vom Projekt zu überzeugen und dann gemeinsam die Route einzuschlagen. Wir konnten die Leute von Anfang an mitnehmen. Wir finanzieren das mit einer lokalen Bank aus dem Emsland, und das Bauunternehmen ist auch ein emsländisches. Das war uns wichtig, denn hier gibt es die Verbindlichkeit: Wenn wir was machen, dann machen wir das!  Das haben alle Partner gezeigt, auch die Stadt und der Landkreis. Das macht Spaß, beflügelt und gibt dann halt auch Rückenwind.

Kedwesch: Das Emsland ist ja einen vom Mittelstand geprägte Region. Und wir Mittelständler gehen, glaube ich, da schon einen sehr direkten Weg. Auch die Risikobereitschaft, und auch die Überzeugung zu haben, dieses Projekt in der Region als Leuchtturmprojekt platzieren zu wollen, das ist das, was auch die Politik und das gesamte Umfeld begeistert hat. Wir haben sehr viel positive Resonanz bekommen. Und die hat dazu geführt, dass es immer sehr dynamisch zugeht. Ein wichtiger Aspekt ist auch, das Vorhaben mit den Genehmigungsbehörden auf Augenhöhe anzugehen. Wir haben einen sehr guten Zugang und eine offene Kommunikation, die dann Dinge oftmals vereinfachen.

Wie haben Sie Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf diesem Weg mitgenommen?

Spandau: Als wir entschieden haben, dass wir diese Anlage bauen, haben wir das natürlich auch intern kommuniziert – es gibt ein Unternehmensvideo, das erklärt, warum, wieso und weshalb man diesen Weg geht. Auch die Mitarbeiter bei unserem Partner sind auf diese Weise abgeholt worden. Das ist für mich ein gutes Beispiel gewesen, wie man Transformation auch in großen Organisationen vermitteln kann. Das Entscheidende ist: Ich muss die Menschen mitnehmen. Mit knapp 70 Mitarbeitern ist das relativ einfach; die holt man einmal zusammen. 2.500 Mitarbeiter abzuholen in sechs Ländern und an 50 Standorten, das ist ein bisschen anders. Aber das haben wir ganz gut gemacht, denke ich.

Kedwesch: Und die Begeisterung ist bei den Mitarbeitern zu erkennen. Sie sind sehr interessiert und stolz darauf, in der Unternehmensgruppe zu arbeiten, sie bringen sich mit ihren Ideen ein – freiwillig. Das macht dann natürlich auch noch mal Spaß.

Welche Bedeutung hat der Standort Niedersachsen für Sie jetzt und auch in Zukunft?

Spandau: Das Land Niedersachsen bietet uns viele Vorteile. Unser Geschäftsmodell ist nicht ganz energieunintensiv. Hier haben wir die Möglichkeit, uns an einer CO2-neutralen Energieversorgung gut zu bedienen. Wir haben eine sehr gute logistische Anbindung, wir können die Logistik effizient halten.
Und wir wissen auch, dass in Niedersachsen eine ganze Menge passiert, auch im Bereich der Batterie-Produktion. Das Gelände hat noch Erweiterungspotenzial. Wir können bis zu drei dieser Anlagen dort draufsetzen. Und dann haben wir noch die Niederlande vor der Tür. Die Niederländer tun sich schwer mit dem Thema, also viel wird nach Deutschland rübergefahren. Auch hierfür bieten wir mit unserem Standort kurze Wege.
Ja, und ein weiterer sehr wichtiger Punkt ist die Nähe zum Auto-Recycling Kempers. Das ist bedeutsam, weil es den zirkulären Kreislauf schließt. Nicht zuletzt sitzen wir in dem Land mit einem der größten Autohersteller der Welt. Und wir nutzen heute schon die Technologie, die bei dem OEM die Technologie von morgen ist. Das sind alles Punkte, die für Niedersachsen sprechen, also Logistik, nachhaltige Energieversorgung und lokales Netzwerk.