Ein gelb-weißes Lastenfahrrad der Firma Grünfuchs in voller Fahrt.

Alle wollen Pakete! Emmissionsfrei geht’s auch

Grünfuchs GmbH

Alle wollen Pakete! Emmissionsfrei geht’s auch

Die „letzte Meile“ hat es in sich, also der Weg vom Paketlieferzentrum zu den Kundinnen und Kunden. Felix Dossmann will mit seinem Logistik-Unternehmen Grünfuchs in Göttingen gleich mehreren Phänomenen entgegenwirken, die Lieferverkehre verursachen: Lieferfahrzeuge verstopfen die Straßen. Lieferanten werden als „störend“ empfunden und nicht selten abschätzig behandelt. Und: Immer mehr Läden in der Innenstadt stehen leer. Grünfuchs bietet als Alternative einen KI-basierten Logistikservice an, der lokal, schnell und mit seinen emissionsfreien Lastenrädern nachhaltig ist.

Die Besonderheit: Online-Bestellerinnen und -Besteller werden nicht mehrmals am Tag von unterschiedlichen Dienstleistern beliefert. Stattdessen gibt die Software vor, ob es sinnvoller ist, das Paket direkt zu liefern oder es zentral zu sammeln, neu zu sortieren und durch nur einen Boten oder eine Botin in einer größeren Liefertour zu verteilen. „Mit zwei solchen Fahrrad-LKW mit je zwei Kubikmetern Volumen für die Zuladung ersetzen wir einen Kastenwagen. Unsere Wege sind kürzer, weil wir die Stopps anders organisieren. Das heißt, wir schaffen es tatsächlich, dieses Fahrzeug aus der Stadt rauszubringen, ersetzen es emmissionsfrei, und zudem sind unsere Fahrer fitter“, erläutert Geschäftsführer Dossmann.

Ein Mann erläutert bei einer Messe mit Gesten, zwei weitere Männer hören aufmerksam zu.
Wirtschaftsminister Olaf Lies (links) und der Hildesheimer Oberbürgermeister Dr. Ingo Meyer interessieren sich beim Mobility Startup Day 2022 der Automotive Agentur sehr für die Erläuterungen von Grünfuchs-Geschäftsführer Felix Dossmann (rechts).

Das Unternehmen hat sich dabei auf Volumen ausgerichtet, und nimmt „jeden Paket-Strom mit“, um die Zuladungskapazität des Lastenfahrrads immer gut auszunutzen. Das heißt: Kundinnen und Kunden können auch ihre Retouren gesammelt abgeben, entweder direkt beim Fahrer bzw. der Fahrerin oder im Paketshop. Ihr Vorteil: Sie müssen nicht mehr zu verschiedenen Annahmestellen der Anbieter fahren. Das alles entlastet Klima und Umwelt. Außerdem können die Händler vor Ort über Grünfuchs einen lokalen Lieferservice anbieten, der schneller ist als mancher Online-Riese – während die Kunden in der City unbeschwert in einer lebendigen Innenstadt shoppen können. Der Grünfuchs-Service ist dabei nicht teurer als das Porto anderer Anbieter.

Marktreif durch Kooperation, bereit für die zweite Staffel

Bestandteil des Erfolgs ist die Kooperation mit anderen jungen Unternehmen. „Wir schauen einfach, was andere besser können. Bei der Routenplanung zum Beispiel, da wenden wir die Software von Graphmasters an, statt selbst unsere Routenplaner zu schreiben. Gemeinsam können wir ein neues Ding für die letzte Meile auf die Beine stellen. Wir arbeiten auch mit Rytle aus Bremen zusammen, um die Fahrräder besser zu machen, und so weiter“, berichtet Grünfuchs-Geschäftsführer Felix Dossmann. Sein Unternehmen entwickle unterdessen Komponenten, die kein anderer habe – wie die App, die Kunden und Fahrer nutzen.

Inzwischen sei das Unternehmen so weit, „die zweite Staffel starten“ zu können, und baut seinen Service nun in einer Kooperation in Köln aus. Für Städte, die kleiner sind, als die NRW-Metropole oder für den ländlichen Raum kann sich Dossmann vorstellen, das Grünfuchs-Logistik System anzupassen. Ein Touristenort aus Schleswig-Holstein habe bereits angefragt – ein Ort mit 120.000 Adressaten im Sommer und 20.000 im Winter, wenn die Touristinnen und Touristen wieder weg sind. „Da macht es eigentlich keinen Sinn, dauerhaft ein großes Logistikzentrum hinzusetzen. Aber vielleicht kann man über so kleine Dinge, wie wir sie tun, einfach besser und optimierter arbeiten.“

Nachhaltige Mobilität, Logistik



Gründungsjahr: 2023
Anzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: 9


Grünfuchs GmbH
Friedländer Weg 54a, 37085 Göttingen
Telefon: 0174 / 490 88 42

info@gruenfuchs.de
www.gruenfuchs.de

Weiterer Standort in Niedersachsen:
Dransfelder Straße 4, 37079 Göttingen


„Wir beweisen, dass mit digitalen, KI-basierten Lösungen und einem wertschätzenden Personalkonzept eine nachhaltige Lieferung auf der ,letzten Meile‘ möglich ist. Unser Logistikkonzept ermöglicht eine komplett emissionsfreie Auslieferung mit modernen Lastenrädern. Zwei Fahrrad-Lkw ersetzen einen Lieferwagen.“

Ein Mann steht vor einer Regalreihe mit Paketen und lächelt in die Kamera.
Felix Dossmann, Geschäftsführer der Grünfuchs GmbH

Drei Fragen an: Felix Dossmann

Sie arbeiten in enger Kooperation mit anderen Startups zusammen. Gibt es dahingehend noch weitere Ideen?

Dossmann: Logistik einfach nur auf Lastenräder umzustellen, ist einfach, reicht aber meiner Ansicht nach nicht. Wichtig ist es, Logistikkonzepte zu entwickeln, insbesondere für die letzte Meile. Wir machen das, was wir am besten können, selbst. Wir haben z.B. das System der zentralen Paketannahmestelle, die Sortieranlage und die App bzw. die Kundenkarte entwickelt. Was ich noch gerne machen würde, ist, unsere Fahrzeuge mit Sensoren auszustatten, die zum Beispiel die Erschütterung messen, wenn das Fahrrad da durch rumpelt. Dann kann ich Schlaglöcher melden. Oder ich könnte die Luftqualität oder die Verkehrsdichte messen. Das sind Dinge, die aus dem Automotive-Sektor kommen. Wir haben noch keinen Lieferanten und konzentrieren uns derzeit auf die logistische Dienstleistung. Es wäre aber ganz spannend zu schauen, was wir mit den Daten noch machen könnten.

Was machen Sie im Umgang mit Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern anders als andere Logistik-Dienstleister?

Dossmann: Ich würde sagen, wir versuchen, es anders zu machen. Wir zahlen ähnliche Löhne wie die anderen auch, knapp oberhalb des Mindestlohns. Wir bezahlen darüber hinaus noch Benefits wie eine zusätzliche private Krankenversicherung. Der wesentliche Punkt ist, dass wir versuchen, ein wertschätzenden Umgang mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hinzubekommen. Das heißt, sie sind einbezogen in Entscheidungen, sie bekommen Fortbildungen und Möglichkeiten. Wir wollen, dass der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin eine berufliche Perspektive hat – wenn die Fähigkeiten und der Wille vorhanden sind. Wenn jemand sagt, er möchte eines Tages Mechaniker sein und nicht mehr Fahrer, und er kann das, dann versuchen wir das möglich zu machen. Ich nehme auch eine große Identifikation mit dem Grünfuchs wahr: Sie fragen immer wieder nach Werbematerial, so dass sie Familie und Freunden zeigen können, wo sie jetzt arbeiten und wie cool das ist.

Welche Bedeutung hat der Standort Göttingen bzw. Niedersachsen für Sie?

Dossmann: Am Standort Göttingen haben wir gute Voraussetzungen. Sowohl von der Landespolitik als auch aus dem Landkreis und dem kommunalen Bereich haben wir sehr viel Unterstützung. Die Verwaltung ist ein echter Partner. Sie hilft uns bei Flächen oder Genehmigungen, so dass wir jetzt sogar über ‚White-Label-Paketstationen‘ nachdenken können. Wirtschaftsminister Lies war letztes Jahr bei uns auf dem Mobility Startup Day, sein Vorgänger war bei uns in der Halle. Und das waren keine Wahlkampftermine! Göttingen hat auch den Vorteil, dass wir ein kaufkraftstarkes Klientel haben und eine intakte Innenstadt, die Leute sind zudem fahrradorientiert. Wo Luft nach oben ist, sind die Regeln, um Fußgängerzonen zu befahren. In Göttingen gibt es Zone eins und zwei, die für Fahrzeuge verboten sind, aber es werden meiner Meinung nach viel zu viele Ausnahmeregelungen vergeben. Es wäre schön, wenn die Regeln überall und für alle gleich wären – und dass die Städte ihren Gestaltungsspielraum in Sachen Klimaschutz nutzen: Wenn man sagt, wir machen die Innenstädte emmissionsfrei, käme man besser voran. Für uns wäre das übrigens ein Konjunkturprogramm seines Gleichen (lacht).