Mit flotten Sprüchen wie „Keep calm and go digital“ oder „Düsse Digitalkrom löppt in Neddersassen“ hat die diesjährige TECHTIDE, die Landes-Konferenz zur Digitalisierung in Wirtschaft und Gesellschaft, am 12. und 13. September auf das Messegelände in Hannover gelockt. Eingeladen waren sowohl Bürger/-innen, die sich für die Digitalisierung interessieren sowie Fachleute aus Niedersachsen und dem gesamten Norden, die sich beruflich mit Digitalthemen beschäftigen.

Der Ausstellungsbereich der TECHTIDE im Convention Center auf dem Messegelände Hannover.

Einen Abend und einen Tag lang ging es in zahlreichen Diskussionen, Gesprächen sowie im Ausstellungsbereich um Thesen zur Digitalisierung von heute, morgen und übermorgen und die unternehmerischen und gesellschaftlichen Auswirkungen der digitalen Transformation. Auch die Digitalisierung der Automobilbranche war dabei gleich mehrfach Thema.

Sowohl Staatssekretär Stefan Muhle vom Niedersächsischen Ministerium für Niedersächsisches Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung als auch Martin Grotjahn von der Hochschule Hannover sehen das Land insbesondere auch durch seine wissenschaftlichen Einrichtungen und das „Testfeld Niedersachsen“ für die Zukunft der Mobilität gut aufgestellt. Die Infrastruktur sei geschaffen, sie müsse jetzt intensiv genutzt werden, so Muhle.

KMU brauchen massive Unterstützung

Eine wichtige Voraussetzung dabei sind gute Fachleute. Diese zu qualifizieren, sieht die IHK als eine ihrer wichtigsten Aufgaben an. Maike Bielfeldt, Hauptgeschäftsführerin der IHK Niedersachsen, betonte, dass es dabei nicht nur um den „Nachwuchs“ gehe, sondern auch um die, „die schon da sind“. Es sei wichtig, die bestehende Belegschaft auf dem Weg mitzunehmen und in ihnen den Wunsch nach Weiterbildung zu wecken. „Die Herausforderung, vor der wir stehen, ist, das Expertenwissen in die Fläche und Breite zu tragen“, ergänzte Martin Grotjahn. Dafür müsse die Zusammenarbeit von Wirtschaft und Wissenschaft gestärkt und mehr in die Forschung investiert werden. Vor allem „brauchen die kleinen und mittleren Unternehmen massive Unterstützung“, so Grotjahn.

Gedankenprozesse in Etappen

Auf Bühne 2 ging es um das Thema Wirtschaft und Digitalisierung.

Warum das so ist, machte Dr. Anna Meincke, Leiterin der Automotive Agentur Niedersachsen, deutlich: „Bei den kleinen und mittelständischen Automobilzulieferer müssen Zukunftsplanung und laufende Produktion parallel laufen“. Die KMU hätten keine große Entwicklungsabteilung und müssten weiterhin mit den vorhandenen Prozessen und Produkten Geld verdienen. Deshalb gingen die Gedankenprozesse in Etappen voran. Transformation sei mit vielen Unsicherheiten verbunden, viele fragten sich, was sie jetzt tun müssten, erläuterte Meincke. Die Zulieferer brauchten dafür Infos von den OEM und intensive Unterstützung bei der Transformation. „Es ist wichtig, sie mit anderen zusammenzubringen und den Austausch mit Wissenschaft und Politik zu fördern, damit die Unternehmen sich neu aufstellen und Alternativen finden können, um ihre Zukunft zu sichern“. Hier setze die Aufgabe der Automotive Agentur Niedersachsen an.

Den Mitschnitt der Diskussionsrunde sehen Sie hier.

Dr. Anna Meincke (2.v.r.) im Gespräch mit Maike Bielfeldt (IHK) und Martin Grotjahn (HS Hannover)

TECHTIDE im Vorfeld in den Regionen

Im Vorfeld der großen Konferenz war die TECHTIDE online in den Regionen Niedersachsens unterwegs. Diese sogenannten Regionalkonferenzen wurden von den Industrie- und Handelskammern aus Niedersachsen gemeinsam mit dem Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung ausgerichtet. Dabei ging es um verschiedene Schwerpunktbereiche der Digitalisierung wie z.B. Tourismus, Landwirtschaft und auch Mobilität und Automobilwirtschaft.

Wie die Digitalisierung die Automobilwirtschaft beeinflusst, hatte Dr. Anna Meincke von der Automotive Agentur Niedersachsen in der Regionalkonferenz der IHK Lüneburg-Wolfsburg und der IHK Braunschweig berichtet. Auf der TECHTIDE-Bühne im Convention Center auf dem Messegelände fasste sie zusammen, dass neben Digitalisierung, Automatisierung, Elektrifizierung – auch im persönlichen Umfeld – für die Unternehmen unter anderem jetzt noch Herausforderungen durch die externen Krisen und die damit einhergehende Frage der Lieferkettenresilienz hinzukämen. Zentrale Themen seien im Moment daneben auch das Batterie-Recycling und das Autonomen Fahren bzw. Mobility as a service.

Anfangen, bevor es zu spät ist

„Wenn das Mindset stimmt, die Veränderung gewollt ist und Wirtschaft und Gesellschaft interagieren, dann ist das zu schaffen. Wir müssen gemeinschaftlich in kleinen Schritten vorangehen. Das ist etwas, was Niedersachsen schon immer gut gekonnt hat. Es wird viele Stolpersteine geben und es wird nicht ohne Ruckeln vorangehen“, so Meincke.

Die Automotive Agentur Niedersachsen leiste hier ihren Beitrag, indem sie zum Beispiel Leuchtturmprojekte vorstellt, Bedarfe ermittelt und dafür sorgt, dass Unternehmen und Wissenschaft voneinander lernen können. Unternehmen, die sich bislang nur wenig oder gar nicht mit der Transformation beschäftigt hätten, riet Meincke, sich schnell auf den Weg zu machen, bevor der Zug abgefahren ist. Wie beim Fußball verliere der, der zu lange zuguckt statt mutig aufs Spielfeld zu gehen, bei der Abwehr mitzuwirken und schließlich den Sturm zu unterstützen.z

Sie ermunterte Unternehmen, sich bei der Automotive Agentur Niedersachsen zu melden: „Meine ‚digitale Herzensangelegenheit‘ ist, dass alle KMU jetzt bei uns anrufen und sagen: wir wollen loslegen, können Sie uns dabei helfen?“ – sodass letztlich der Spruch „Düsse Digitalkrom löppt in Neddersassen“ noch mehr mit Leben und Erfolgen ausgefüllt wird.