Neue Antriebe, neue Fahrzeugteile, neue Produktionsmethoden: Viele Kfz-Zulieferer in Niedersachsen stecken mitten in der Transformation. Sie stellen sich auf die Digitalisierung und den Mobilitätswandel ein. Zusätzlich müssen sie noch Herausforderungen durch die Corona-Pandemie bewältigen. Das kostet manchmal mehr, als ein Unternehmen selbst stemmen kann. Um Kfz-Zulieferer aus Niedersachsen mit Corona-bedingten Umsatzeinbußen während der Transformation zu unterstützen, haben das Niedersächsische Wirtschaftsministerium und die NBank Anfang 2021 das „Förderprogramm NTransformation Kfz-Zulieferer“ aufgelegt. Mehrere Unternehmen nutzen das Angebot inzwischen, zwei von ihnen berichten von ihren positiven Erfahrungen und den Vorteilen.
Durch den Fonds mit inzwischen 40 Millionen Euro wird es der NBank ermöglicht, sich jeweils mit bis zu fünf Millionen Euro insbesondere am Eigenkapital von Automobilzuliefern zu beteiligen. Die Gelder dafür kommen vollständig aus öffentlichen Mitteln des Landes Niedersachsen. Bei größeren Beteiligungen ist ein privater Co-Investor nötig, um marktgerechte Bedingungen zu schaffen. Ende 2021 ist mit der Norddeutschen Wirtschaftsholding, einer Tochtergesellschaft des Arbeitgeberverbands NiedersachsenMetall (NMetall), ein solcher Co-Investor eingestiegen. Er beteiligt sich mit einem eigenen Budget von 10 Millionen Euro. Diese Kooperation ist nach Angaben des Niedersächsischen Wirtschaftsministeriums bundesweit einmalig: Es bringe zusätzliche Vorteile durch das breite Netzwerk und das Branchen-Know-How von NMetall. Das Ministerium sei für weitere private Co-Investoren offen: Venture-Capital-Gesellschafen oder Banken könnten diese Rolle ebenfalls einnehmen.
Das Förderprogramm in der Praxis
Die Fondsverwaltung und das Beteiligungsmanagement obliegen der NBank Capital, einer Tochtergesellschaft der NBank. „Wegen der Mobilitätswende bekommen viele Unternehmen der Kfz-Branche Probleme – egal, ob Kupplungs- oder Auspuffhersteller: Sie müssen sich neue Geschäftsfelder erschließen. Und sie müssen während der Umstellung lieferfähig bleiben, Material einkaufen und inzwischen höhere Preise zahlen, also in eine große finanzielle Vorleistung gehen. Wenn sie ein gutes Konzept zur Transformation vorlegen, dann können sie die Förderung bekommen“, erläutert Beteiligungsmanager Stefan Lenz von der NBank. U.a. werden dabei Finanzdaten und Aussichten auf Zukunftsfähigkeit des gesamten Unternehmens bewertet. Möglich ist eine Kapitalaufstockung als stille oder direkte Minderheitenbeteiligung. In der aktuellen Anwendung seien verschiedene Modelle, so Lenz. Die Beteiligung erhöht den Kreditrahmen bei Banken und ermöglicht so die wirtschaftliche Neuaufstellung und notwendige Zukunftsinvestitionen. Es wird keine feste Laufzeit vereinbart, sie umfasst aber mindestens sieben Jahre. Nach der Rückzahlung nach sieben bis zehn Jahren stehen die Finanzmittel dann wieder anderen Unternehmen zur Verfügung.
Verfahren hat sich bereits bewährt
NBank Capital hat sich bei der Umsetzung des Vorhabens als Praxis-Partner bewährt, so die Zwischenbilanz des Ministeriums – und das sowohl bei der Beratung von Unternehmen vor Beginn der Beteiligung als auch in der Zusammenarbeit mit den Firmeneigentümern und ihren Banken nach dem Start der Beteiligung. Wirtschaftsminister Dr. Bernd Althusmann: „Der Beteiligungsfonds NTransformation ist ein wirksames und zielgenaues Instrument, mit dem das Eigenkapital und somit die Investitionskraft der Automobilzulieferer gestärkt wird. Die Automobilbranche steht vor einem Wandel und damit vor großen Herausforderungen – und NTransformation ist eins der Puzzleteile, um am Industriestandort Niedersachsen wichtige Arbeitsplätze in der Automobilbranche zu sichern.“
Beispiel für eine gelungene Beteiligung: Veekim AG
„Ich kann nur jeden Arbeitgeber ermutigen, von der Verbrennungstechnologie wegzukommen und dabei auf solche Programme zurückzugreifen. Es ist super, dass das Land Niedersachsen solche Möglichkeiten bietet. Hier wurde wirklich der Bedarf getroffen“, berichtet Dr. Peter Siegle, Geschäftsführer der Veekim AG in Hodenhagen. Die NBank ist Anteilseigner durch Vorzugsaktion geworden, wobei die Veekim AG auch vorher schon gute Erfahrungen mit der NBank gemacht hatte, so Dr. Siegle: „Sie ist für uns ein wichtiger Partner und Finanzgeber. Deshalb haben wir gar keine Probleme damit, dass sich quasi der Staat bei uns beteiligt. Im Gegenteil: Das schafft bei Kunden, Zulieferern und Aktienbesitzern Vertrauen.“
Die Veekim AG mit ca. 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Hodenhagen wachse derzeit stark und erschließe sich ein neues Geschäftsfeld, erläutert Dr. Peter Siegle weiter. Veekim war zunächst als Händler für Industrie-Magneten gestartet, seit 2107 stellt das Unternehmen Produkte aus polymergebundenen Magneten her. Das Material kann in jede beliebige Form gegossen werden und findet z.B. in E-Motoren seine Anwendung. „Mit dem intelligenten Einsatz unserer Magneten machen wir die E-Motoren effizienter. Wir entwickeln diese speziellen Produkte auf Kundennachfrage, das dauert schon mal ein halbes bis ein ganzes Jahr, daher brauchen wir diese Finanzbrücke, um Rohstoffe zu kaufen, es ist unser ‚working capital‘. Und die NBank hat gesagt ‚ja, das Programm ist zutreffend‘“. Und so kam es zur Beteiligung.
Beispiel für eine gelungene Beteiligung: Hanomag Lohnhärterei
Auch die Hanomag Lohnhärterei aus Hannover hat sich für eine Unterstützung der NBank entschlossen, da das Unternehmen Geld für einen M&A-Deal brauchte. In Zeiten wie heute fehle es an Liquidität, sagt Geschäftsführer Karsten Seehafer: „Es ist schon eine belastende Situation, das Kapital wird weniger, auch das eigene. Da brauchen wir Möglichkeiten aufzustocken“. Dabei mit einer staatlichen Bank zu kooperieren sei weder schlechter oder besser als mit einer privaten: „Die Gesetze der Finanzwelt ticken da gleich. Im Vergleich zu den Verfahren bei der Hausbank war es sogar eher etwas einfacher. Wir haben mehr Unterstützung bekommen.“
Das Produktionsspektrum der Hanomag Lohnhärterei sei bislang sehr „verbrennungsmotorlastig“ gewesen, so Seehafer. Mit der Übernahme und neuen Produkte und Prozessen fasst das Unternehmen jetzt Fuß in der Elektromobilität. Der Geschäftsführer sieht sein Unternehmen im Moment als „mittendrin in der Transformation“, wobei die Lohnhärterei ein „last man standing“ sei – also bis zum Ende der Verbrennermotoren für deren Produktion zuliefere. Gleichzeitig müsse man sich darauf vorbereiten, andere Standbeine zu finden. „Und dabei ist immer Liquidität das Thema, die Stärkung des Eigenkapitals“. In dieser Hinsicht könne er eine Beteiligung über das Programm NTransformation Kfz-Zulieferer nur empfehlen.
Die Zukunft des Beteiligungsprogramms
Inzwischen ist noch ein weiteres Unternehmen eine Beteiligung eingegangen. Das Programm NTransformation Kfz-Zulieferer hat darüber hinaus noch weitere finanzielle Kapazitäten. Unternehmer, für die eine derartige Beteiligung in Frage kommt, sollten sich möglichst bald bei der NBank melden, denn die Haushaltsmittel stehen zunächst bis Jahresende 2022 zur Verfügung. Aber im Wirtschaftsministerium geht man weiterhin fest davon aus, dass die Unternehmen Interesse an einer Beteiligung durch den Fonds haben. Dies wurde und werde daran deutlich, dass sich NMetall mit engagiert und auch weiterhin engagieren werde. Zum Ende des dritten Quartals 2022 wird das Wirtschaftsministerium gemeinsam mit der NBank die Nachfrage und die Antragssituation turnusmäßig bewerten. Da in der Zielgruppe auch größere Unternehmen mit einer entsprechenden Komplexität sind, sei von teilweise längeren Prüfungen neuer Anträge auszugehen.