„Lasst uns das Signal senden: Es lohnt sich, an Veränderungen zu arbeiten“. Was Olaf Lies, niedersächsischer Minister für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung, in seiner Eröffnungsrede zum Mobility Startup Day (MSD) den rund 230 Teilnehmenden mitgab, war deutlich im Raum zu spüren: Der Geist von Inspirationen, Ideen, Innovationen und der gemeinsame Blick auf die nachhaltige Mobilität der Zukunft. Die Location, das Coppenrath Innovation Centre (CIC) in Osnabrück, verstärkte die Aufbruchstimmung noch zusätzlich.

Wie bereits im Jahr 2022 in Hildesheim hatten die Initiativen Automotive Agentur Niedersachsen und startup.niedersachsen, die beide im Innovationszentrum Niedersachsen tätig sind, den nunmehr 3. MSD gemeinsam auf die Beine gestellt. Neben einer Ausstellung mit 29 Startups und Unternehmen, einem Speeddating für Einsteiger und Erfahrene und einer Talk- und einer Impulsrunde hatten sie zwei Pitch-Runden mit je sechs Kurzvorträgen organisiert. Alles mit einem Ziel: Ideen und Best Practice-Beispiele zeigen, Kontakte knüpfen und vertiefen, Kooperationsmöglichkeiten ausloten und Zusammenarbeit anbahnen.

Minister Lies, der in Hildesheim mit einem modernen Lastenrad zur Bühne vorgefahren war, nahm seinen Weg zum Rednerpult dieses Mal mit dynamischen Schritten und zeigte sich begeistert: „Das ist eine Hammer-Location“, so seine erste spontane Reaktion auf den Blick in das sogenanntes Innovatorium im CIC. „Entwicklung und Innovation hat immer etwas damit zu tun, wie die Umgebung ist. Das ist wie in der Schule: Wenn der Raum stimmt, macht das Lernen mehr Spaß“, sagte Lies.

„Wir sind ein Land voller kreativer Ideen. Doch Veränderung wird oft als Belastung empfunden. Wir sollten sie vielmehr als Bereicherung verstehen.“ Deshalb müsse nun Ziel sein, für Skalierungs-Effekte zu sorgen und von der Prototypen-Herstellung in die Skalen-Produktion zu kommen.“ Lies lobte den Mut der Startups: „Das, was wir hier haben, das ist echt stark und das machen wir sichtbar.“ Insgesamt zwölf Startups hatten dann Gelegenheit, auf der Bühne in kurzen Pitches ihre Ideen und Innovationen vorzustellen. Mehr als doppelt so viele hatten sich um einen Slot beworben. Viel Zeit und Raum, um sich zu präsentieren und Kooperationen anzubahnen, boten auch die Gespräche in der vielseitigen Exponaten-Ausstellung sowie beim Speeddating, für das die Plattform „Innomatch“ KI-basiert im Vorfeld die Teilnehmenden zusammen-„gematcht“ hatte.

Guter Rahmen für Riesenpotenzial

Bei seinem Rundgang durch die Ausstellung betonte der Minister erneut, dass er „total begeistert“ davon sei, „was für kluge Köpfe und wie viele gute Ideen wir in unserem Land haben“. Der Minister ließ sich sogar dazu überreden, in einen E-Sportwagen der Hochschule Osnabrück einzusteigen und auf einem modular aufgebauten E-Motorrad Platz zu nehmen. Auch einen Lasten-Scooter, die Pläne für eine Solar-Schwebebahn und den kleinen Roboter „Feldfreund“ sowie einen Transporter auf Ketten mit batterieelektrischem Antrieb für den Gartenbau schaute sich Lies an. In einer stark agrarwirtschaftlich geprägten Region wie Osnabrück zeige der MSD, wie man die Kompetenz des Standortes in den Bereichen Landwirtschaft und Landtechnik mit dem Thema Mobilität klug miteinander verbinden könne, so das Fazit des Ministers.

Dass der MSD auf die Bedürfnisse der Region gut abgestimmt war und in und um Osnabrück auf große und positive Resonanz stieß, war vor allem auch den örtlichen Partnern der Veranstaltung – der Wirtschaftsförderung Osnabrück, der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Osnabrücker Land, dem Agrotech Valley Forum e.V. und dem Automotive Netzwerk AutOS e.V. – zu verdanken.

Osnabrück versteht sich als Zentrum von Innovation und als „startup-Hauptstadt“ und arbeitet daran, dies mit Leben zu füllen. Landrätin Anna Kebschull erläuterte in der Talkrunde, dass der Landkreis Osnabrück dafür sorgen wolle, dass das „Riesenpotenzial“ für Innovationen und Gründungen gute Rahmenbedingungen hat. Dazu gehörten z.B. Anschubfinanzierungen, geeignete Räumlichkeiten und die Vernetzung mit Berufsschulen: „Wir wollen ein Umfeld schaffen, in dem man sich wohl- und willkommen fühlt“.

Oberbürgermeisterin Katharina Pötter ergänzte, dass es auch der Stadt Osnabrück darum gehe, zu „zeigen, was wir können“, und den Gründergeist schon zu Beginn des Studiums bei jungen Menschen zu wecken und sie frühzeitig mit der Osnabrücker Unternehmerschaft zusammenzubringen. Jochen Thelker vom SmartCityHouse Osnabrück betonte, dass Kooperation ein wichtiger Erfolgsfaktor ist, um möglichst schnell die ersten Meilensteine auf dem Weg zur Wirtschaftlichkeit zu erreichen. Das SmartCityHouse ist ein Startup-Accelerator und unterstützt die Unternehmensgründerinnen und -gründer durch Workshops und Mentoring.

Impulsrunde: Wie funktioniert Kooperation?

Doch wie funktioniert Kooperation eigentlich? Das erläuterten vier Impulsgeberinnen und -geber aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Nina Müller von der Aloys und Brigitte Coppenrath Stiftung betonte dabei die Bedeutung langfristigen Denkens: Für das Gelände rund um den Ringlokschuppen und das darin eingerichtete Coppenrath Innovation Centre denke man „ganz neu, von null an“. Entstehen soll ein Quartier, in dem alle notwendige Lebensinfrastruktur in 10 Minuten erreichbar sei und in dem es keinen motorisierten Individualverkehr gebe. Entwickelt werde es unter Berücksichtigung soziologischer Aspekte und aus Bereich Mobilität mit dem großen niedersächsischen Auto-OEM.

Garvin Schröder von der Förderbank NBank berichtete von vielen Erfolgsgeschichten, die mit Hilfe des sogenannten Gründungsstipendiums geschrieben worden sind. Das Programm sei stark nachgefragt. Er erläuterte noch weitere Möglichkeiten der finanziellen Kooperation wie das Programm „Mikrostart“ oder „NSeed“.

Prof. Dr. Karin Schnitker von der Hochschule Osnabrück berichtet anhand des Projekts GROWTH (Gemeinsam in der Region Osnabrück-Lingen: Wandel durch Teilhabe), wie Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft zusammenwirken (müssen), um ein Umdenken zu forcieren. Nur so sei die ökologische Kehrtwende zu schaffen. Unter anderem geht es darum, biogene Rohstoffe einzusetzen und die Recyclat Quoten zu erhöhen.

Schließlich berichtet Enrico Neumann von der IAV GmbH, wie der von dem Gifhorner Ingenieursdienstleister entwickelte Erdbeer-Ernteroboter als „open innovation“ weiterentwickelt wurde und werde. Dazu kooperiere IAV mit einem großen Erdbeer-Erlebnishof in Mecklenburg-Vorpommern. Das Unternehmen schaut im Zuge der Transformation darauf, welche Entwicklungen aus dem Automotive-Bereich auf andere Branchen übertragbar sind. Somit zeigte sich beispielhaft der Crossover des Mobilität Startup Days – die Verknüpfung von Mobilität und Landtechnik.

Fazit und Ausblick

Zum Abschluss des diesjährigen MSD dankte der Leiter der Automotive Agentur Niedersachsen, Dr. Norbert Gebbe, allen Beteiligten, die „gut zusammengearbeitet und diesen erfolgreichen Tag gestaltet haben“. Es habe eine Menge Impulse und Ideen gegeben, um ins Gespräch zu kommen, sich zu vernetzen und zu kooperieren. „Uns ist es eine Herzensangelegenheit, die regionalen Stärken zu zeigen, die Zukunft zu entwickeln und die Verbindungslinien zu ziehen“. Jetzt gehe es darum, die Ideen in die Tat umzusetzen. Gebbe: „Wir hoffen, dass Sie alle hier mit einem guten Gefühl herausgehen, ‚ja es hat sich gelohnt‘ und mit neuen Impulsen und Kontakten ins neue Jahr gehen“.

Die Planung für den Mobility Startup Day 2024 wird schon bald beginnen.


Ausstellerinnen und Aussteller

Hannah Voet, Nexat

„Wir haben unser Systemträgerfahrzeug beziehungsweise ein ganzheitliches Pflanzenproduktionssystem auf dem Mobility Startup Day vorgestellt. Für uns ist der Mobility Startup Day eine super Chance, uns in der Region zu vernetzen, das System Nexat zu präsentieren und ein Netzwerk zu schaffen für uns als Firma im Raum Osnabrück.“ Der MSD in drei Worten: „Divers. Innovativ. Branchenübergreifend.“

Arno Lübbers ScooterCaseFix

„Ich bin der Entwickler, Erfinder und Patentinhaber vom ScooterCaseFix. Das ist ein eigenlastgehaltenes Click-In-System für Lastenkoffer, Körbe und sonstiges sperriges Gepäck auf E-Scootern. Beim Mobility Startup Day habe ich heute schon ganz viel erzählt und präsentiert, der Minister war hier, hat ganz interessiert berichtet, dass er auch E-Roller-Fahrer ist und er fand das super klasse, weil er genau das gleiche Problem hatte. Wir haben viel positives Feedback erhalten.“

David Schoone, Envecotricity

„Ich Entwicklungsingenieur und komme aus der Nähe von Wilhelmshaven. Ich arbeite seit 2018 an der Entwicklung meiner Motorradplattform, die sich durch modulare Ergänzungsmodule in ganz viele verschiedene Endprodukte ausarbeiten lässt. Mein Innovationsfokus leigt seit 2020 auf der Entwicklung eines Nabenantriebssystems mit aktiver Wasserkühlung. Hier beim Mobility Startup Day teilzunehmen, ist für mich eine super geniale Erfahrung, weil ich innerhalb dieses einen Tages so viel netzwerken, so viele Kontakte knüpfen, wie sonst in einem halben Jahr nicht. Alles, was ich gerade jetzt in der Phase zwischen Prototyping und Skalierung für die Serie brauche, kann ich hier im Prinzip finden – insbesondere suche ich einen Co-Founder und jemandem, der mit Leidenschaft für die ganzen finanziellen Hintergründe brennt.“

 

Alle Fotos: © AANds I Holger Bulk