Die Ideen für die Mobilität von morgen – made in Niedersachsen: Wer als Startup Partner und Geldgeber braucht oder als erfolgreiche (Aus-)Gründung weitere Mitarbeiter und Vertriebswege sucht, ist auf dem Mobility Startup Day genau richtig gewesen.

Bei der Veranstaltung, die die Automotive Agentur Niedersachsen und die Initiative startup.niedersachsen zu einem jährlichen Event etablieren, kommen die „Neulinge“ mit den „alten Hasen“ zusammen, und es können Ideen für Zusammenarbeit oder sogar schon konkrete Kooperationen entstehen.

Wir haben die Aussteller des 2. Mobility Startups Day in Hildesheim nach ihrer Motivation und ihren Zukunftsvisionen gefragt.


Dean Ciric, Gründer der Firma airoom, vor seinem Messestand mit einem rechteckigen Gerät mit grünen Leuchten in einem Glaskasten.

Dean Ciric, Gründer und Geschäftsführer

airooom

Was treibt dich als Startup an, die Mobilität von morgen zu gestalten? Was sind die nächsten Schritte?

Unser Thema Luftqualitätsanalyse spielt sowohl im mobilen als auch im immobilen Bereich eine Rolle. Gerade im Zusammenhang mit dem großen Thema Energie ist Luft ein schönes Beispiel, weil sie viele Informationen zu Energie beinhaltet. Es werden Räume erkennbar, die beheizt werden, obwohl sie gar nicht genutzt werden. Das finde ich ist sehr spannend, weswegen ich den Mobility Startup Day 2022 auch sehr spannend finde. Wir haben unsere Innovation erprobt, wir haben nachgewiesen, dass sie gut funktioniert. In Niedersachsen haben wir sehr viele Unterstützer wie zum Beispiel den Städtetag, Ministerien und Gesundheitsämter. Jetzt wollen wir in Richtung national und international denken und brauchen dafür Partner.

BBS Burgdorf

Was treibt euch als Schüler an, an einem Wasserstoff-Lastenrad zu arbeiten? Was sind eure nächsten Ziele?

Ganz klar treibt uns an, die Möglichkeit an so einem zukunftsorientierten Projekt zu arbeiten. Man kriegt hier als Schüler die Möglichkeit, tatsächlich mit dem Treibstoff der Zukunft zu arbeiten, nämlich Wasserstoff. Dieser wird in Zukunft immer wichtiger und wir dürfen jetzt schon vorzeitig damit arbeiten. Die nächsten Schritte werden auf jeden Fall sein, das Lastenfahrrad fertig zu stellen. Wir warten derzeit noch auf Teile auf Grund von Lieferengpässen und weiteren Komplikationen. Wenn diese dann endlich angekommen sind, können wir auch endlich loslegen, das Wasserstofffahrrad komplett fertig zu stellen.

Schüler der Berufsschule Burgdorf stehen rechts und links vor einem grünen Lastenrad mit dreieckiger Werbefläche auf dem Anhänger.

Vincenzo Sobo, Schüler der BBS Burgdorf 

Das Ausstellerteam von das Hub von der Hochschule Hannover an einem Stehtisch mit mehreren Rollups im Hintergrund.

Prof. Christoph von Viebahn
Hochschule Hannover Bereich Wirtschaftsinformatik, und Gründer von „das Hub“

das Hub

Wo sehen Sie die zentralen Unterschiede der Mobilität in Stadt und Land? Welche Lösung gibt es für die Schnittstelle?

In Hannover im städtischen Bereich gibt es viele individuelle Möglichkeiten wie Miet-Scooter, MOIA und andere Angebote, im ländlichen Bereich fehlt vieles davon. Damit die Mobilitätswende 2030 gelingen kann, bringen wir Mobilität und Logistik auf einem autonomen Shuttle zusammen. Wir zeigen heute schon in einem Pilotprojekt, was 2030 passieren könnte. Wir sehen uns als Treiber in Sachen Dekarbonisierung in Logistik, Mobilität und Produktion.

Eleasa

Was ist euer Beitrag zur Verkehrswende?

Unser Beitrag für die Verkehrswende ist das gesamte betriebliche Mikromobilitätsmanagement für Arbeitgeber. Wir bieten Mitarbeiter-Benefits an, im Rahmen von Dienstfahrrad-, Dienstroller- und Dienstscooter-Leasing, um so Mitarbeiter an Unternehmen zu binden und zu begeistern, während wir über die Mobilitätswende, die dann dort stattfindet, unseren entsprechenden Beitrag leisten, auch CO2 einzusparen.

Niklas Nötzel, Head of Sales, Vertriebsmanagement der Firma Eleasa mit einem Kollegen an einem Stehtisch mit Rollup im Hintergrund.

Niklas Nötzel, Head of Sales, Vertriebsmanagement

Thomas Töpsch, Business Developer

Grünfuchs Logistik GmbH

Wo siehst du die zentralen Unterschiede der Mobilität in Stadt und Land? Welche Lösung gibt es für die Schnittstelle?

Innerhalb der Städte haben wir eine viel höhere Sendungsdichte im klassischen Paketbereich, das heißt, wir haben auf einer kürzeren Strecke eine hohe Stoppdichte mit einer höheren Anzahl an Sendungen, die zugestellt werden. Zusätzlich kann dies im urbanen Raum mit Zustellung und Abholung von lokalen Warenströmen kombiniert und somit sehr effizient und wirtschaftlich betrieben werden. Im ländlichen Raum ist die Strecke zwischen den Stopps sehr viel höher, weswegen es viel schwerer ist, Routen effizient und wirtschaftlich zu gestalten und Leerfahrten zu vermeiden. Unser Lösungsansatz ist auch hier zu schauen, welche Warenströme gibt es überhaupt? Wer will Waren aus der Stadt in den ländlichen Raum bringen und andersherum Produkte, zum Beispiel von Bauern, in die Stadt transportieren? Wenn man beides geschickt kombiniert, kann man dafür sorgen, dass sowohl Fahrten in den ländlichen Raum als auch in den urbanen Raum zurück ausgelastet sind.

Meteor GmbH

Wie können Sie als Industrielieferant die (Energie-) Effizienz in der Produktion der Automobil- und Mobilitätswirtschaft vorantreiben?

Vieles geht über Energieeffizienz, und Energieeffizienz geht über Investitionen in moderne Technik. Man kann pauschal sagen, egal welche Maschine man heute kauft, dass sie bei gleicher Performance weniger Energie verbraucht wie beispielsweise eine Maschine vor 20 Jahren. Das heißt also, durch regelmäßige Investitionen kriegen Sie ganz automatisch eine höhere Energieeffizienz. Dabei ist wichtig, dass man nicht in einem großen Rundumschlag alles macht, sondern immer mal wieder Stück für Stück Technik erneuert. Am Ende muss jedes Unternehmen das selbst mit beeinflussen. Die hohen Strompreise „helfen“ dabei, da man dadurch eher gezwungen wird, als das früher der Fall war.

Christian Schneider, CEO

Das Team der Firma Modes mit einem umgebauten Cargo Bike, das die Ausrüstung einer mobiler Wartungs- und Reparatur-Werkstatt enthält.

Aris Diamantidis, Management

MODES

Wie kann mit allen Transportmitteln zusammen die Mobilität von morgen gestaltet werden?

Ich denke, es muss Strukturen geben, die „seamless mobility“ möglich machen. Also eine nahtlose Anbindung von einem Mobilitätsangebot zum anderen. Mit der passenden Struktur meine ich, dass es Fahrzeuge gibt – unabhängig davon, ob es Mikromobilität oder ein PKW ist -, deren Reparatur- und Wartungsbedarf abgedeckt ist, so dass es keine Verzögerungen gibt. Das Angebot von unterschiedlichen, verschiedenen Mobilitätskonzepten ist also das eine, und die Struktur dafür, also zum Beispiel das Laden von Akkus, der Wartungs- und Reparaturdienst oder das Thema Ersatzmobilität ist das andere. Das muss beides zusammenwachsen bzw. zusammenkommen. Dann kann man Mobilität zukunftsfähig gestalten.

Moovi

Wie kann mit allen Transportmitteln zusammen die Mobilität von morgen gestaltet werden?

Ich denke, der wichtigste Aspekt ist das Zusammenspiel. Die Voraussetzungen müssen gegeben werden, dass jedes Transportmittel seine volle Funktionalität ausschöpfen kann. Gerade in der Infrastruktur geht es nicht mehr darum, gegeneinander zu arbeiten oder sein Transportmittel in den Vordergrund zu stellen. Es geht meiner Meinung nach eher darum, gemeinsame Symbiosen, gemeinsame Schnittpunkte zu finden, wie man sich gegenseitig verbessern, ergänzen und kombinieren kann. Wir müssen weg von der „ich bin Team Auto“ oder „ich bin Team Fahrrad“-Haltung, es darf kein Gegeneinander, sondern muss ein Miteinander sein.

Nicolaj Stachan von der Firma Moovi mit zwei Rollern, vor zwei Rollups, neben einem Stehtisch.

Nicolaj Stachan, Business Sales Manager

Das Team des Netzwerks neu wagen vor einer grün beleuchteten Stellwand und einer Beachflag, gruppiert um einen Stehtisch

Michael Merwart, Leiter des Transformationsnetzwerk

neu/wagen

Wo konkret setzt eure Netzwerkarbeit an? Was ist euer Mehrwert des Tages?

Unser Transformationsnetzwerk neu/wagen möchte erreichen, dass Unternehmen konkrete, individuelle Lösungen für die Trendthemen des Automotive-Sektors entwickeln. So fragen wir etwa für den Bereich Kreislaufwirtschaft: Wie kann ein Produkt so gestaltet werden, dass es zukünftig zu 100% recycelt werden kann? Beim Mobility Startup Day steht für uns der intensive Kontaktaustausch im Vordergrund – mit Unternehmen, anderen Stakeholdern und Multiplikatoren, die wir in unser wachsendes Netzwerk einbinden. Das ist für uns der Mehrwert dieser Veranstaltung.

ReTraSon

Wo konkret setzt eure Netzwerkarbeit an? Was ist euer Mehrwert des Tages?

Wir wollen für die gesamte Mobilitätsbranche unserer Region eine Zukunftsstrategie erarbeiten und ein Netzwerk aufbauen, worauf sich dann die Prozesse stützen, die es jetzt in jedem Bereich der Automobiltransformation, aber auch innerhalb der Bahnindustrie oder der Flugzeugindustrie gibt, so dass die Leute und Akteure einen Mehrwert haben. Die Akteure sollen durch das starke Netzwerk einen Rückhalt haben. Denn die Abkehr vom Verbrennungsmotor bedeutet in unserer Region starke Einschnitte, weshalb wir uns sicher für die Zukunft positionieren wollen. Unser Mehrwert des Tages ist, dass wir viele Startups mit spannenden Themen auch aus unserer Region hier versammelt haben. Mit denen kann man sich sehr gut vernetzen und austauschen.

 

Arne Owe Grimmig, Projektmanager beim Netzwerk ReTraSon vor einem Rollup, hinter einem Stehtisch auf dem Giveaways stehen und liegen

Arne Owe Grimmig, Projektmanager

Arne Brökers von der Firma Robolive und ein Kollege rechts und links von einem Rollup und einem Stehtisch mit Miniroboterarmen und einem Laptop, der das Überwachungssystem für Roboter zeigt

Arne Brökers, Account Manager

RoboLive®

Wie könnt ihr als Industrielieferant die (Energie-) Effizienz in der Produktion der Automobil- und Mobilitätswirtschaft vorantreiben?

Durch die sinnvollere Verwendung von Daten infolge eines vereinfachten Zugangs lässt sich generell jede robotergestützte Produktion schlanker gestalten. Dadurch werden Ausfallzeiten und Produktionszeiten reduziert, was bereits immense Energie einspart. Zusätzlich kann Ausschuss vermieden werden, was natürlich generell Ressourcen schont. Was wir machen, ist im Prinzip eine konzentriertere Verwendung von Daten, um effizienter arbeiten zu können.

RYTLE GmbH

Wie kann mit allen Transportmitteln zusammen die Mobilität von morgen gestaltet werden?

Also richtig effizient und auch nachhaltig im Sinne von Emissionseinsparungen ist ja ein System, das ineinander spielt. Das heißt, ein Transporter bringt vorkonfektionierte Boxen in einen Hub oder zu einem Mikro-Hub und dahin kommt der Cargo-Bike-Fahrer und lädt die vorkonfektionierten Boxen auf. Dann fährt er seine Route, nachdem die Box geleert ist, zum Hub zurück, um die nächste Tour zu fahren. So kann man routenoptimiert sehr effizient und wirklich umweltschonend den Endverbraucher beliefern.

Angela Drexl, Marketingmanagerin der Firma Rytle in der Fahrerkabine eines grünen E-Lastenfahrrads.

Angela Drexl, Marketingmanagerin

Rene Schader, Geschäftsführer der Firma Ummadum neben einem Rollup mit Werbung für seine App.

Rene Schader, Geschäftsführer

ummadum Service GmbH 

Was bedeutet für dich nachhaltige Mobilität?

Wir sind zutiefst davon überzeugt, dass die Mobilitätswende nur über Menschen passiert, weniger über Geräte, sprich Autos oder Innovationen im Bereich von Antrieben. Nachhaltige Mobilität bedeutet für uns das, was schon hier ist, besser zu nutzen. Unter anderem geht es darum, den Besetzungsgrad in Fahrzeugen zu erhöhen und somit mit den bestehenden Ressourcen mehr herauszuholen, als wir das jetzt tun.


Podiumsdiskussion: Förder- und Finanzierungsmöglichkeiten

In einer Podiumsdiskussion teilten Experten und Expertinnen zum Abschluss des Mobility Startup Days spannende Insights und Tipps zu Finanzierungsmöglichkeiten und Förderprogramme für Startups. Außerdem ordneten sie die momentane Gründungslandschaft in Niedersachsen in den internationalen Kontext ein. Das Ergebnis: Niedersachsen ist auf einem guten Weg, aber es ist noch Luft nach oben.

Es diskutierten: Alexander Gebler (Venture Partner Enjoy Partner) Britta Kokemper-Söllner (Academic Ventures, Leiterin BANSON e.V.), Prof. Reza Asghari (Leiter des Entrepreneurship Hubs der TU Braunschweig/Ostfalia Hochschule) Marc Junker (Entrepreneur, Investor, Honorardozent), Ralf Borchers (Geschäftsführer NBank Kapital), Moderator Andreas Spellig

Ralf Borchers: „Der Standort Deutschland hat enorm aufgeholt, trotz Corona ist das Volumen an Gründungen gewachsen. (…) Ich wünsche mir, dass die Universitäten das Thema Entrepreneurship nicht nur als Randthema wahrnehmen!“

Prof. Reza Asgahri: „Startups sind Träger der Innovation und ohne Innovation werden wir uns in der Weltwirtschaft nicht behaupten können. (…) Das Thema Startup Gründung/ Entrepreneurship sollte in der Politik mehr gesehen werden.“

Britta Kokemper-Söllner: „ Das Know-how von erfahrenen Business Angels ist mit Geld nicht bezahlbar. (…) Startups ersticken schon während der Gründung an den bürokratischen Prozessen, das sollte geändert werden!“

Marc Junker:  „Ich würde mir wünschen, wenn wir in Deutschland uns weniger Professionalität abverlangen und umgekehrt mehr Fehler zulassen, die man ruhig in der Frühphase machen darf und auch soll.“

Prof. Reza Asghari: „Wir alle müssen innovativer werden und sollten nicht nur nach dem Staat rufen, sondern auch selber aktiv werden. (…) Die Förderphase soll aktiv genutzt werden, um sich zu vernetzen und es ist das Ziel, dass die jungen Unternehmen laufen lernen.“

Alexander Gebler: „Was wäre denn, wenn jedes Startup einen digitalen Avatar hätte? Eine Entbürokratisierung für Startups wäre wünschenswert“

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