Niedersachsen verändert sich. Das Land, die Wirtschaft und damit insbesondere auch der Mittelstand stehen vor Herausforderungen, die jedoch auch mit Wachstumspotenzialen verknüpft sind. Die Veranstaltung „Vom Wasserstoff-Boom profitieren – Chancen für KMU in der H2-Ausrüsterbranche“, dieses Mal auf dem Wasserstoff Campus Salzgitter, ist erneut auf herausragende Resonanz gestoßen. Rund 110 Gäste nahmen teil.

Dazu eingeladen hatten das Niedersächsische Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung, das Energieforschungszentrum Niedersachsen, die Unternehmerverbände Niedersachsen sowie das Innovationszentrum Niedersachsen. Neben namhaften Referentinnen und Referenten war auch der niedersächsische Wirtschaftsminister Olaf Lies vor Ort.

Die Veranstaltungsreihe ist ein seit 2020 stattfindendes, jährliches Forum für Unternehmen, Forschung und Politik, konzipiert als ‚Mini‘-Kongress: Erst Fachvorträge und Pitch-Runden und dann viel Zeit fürs Netzwerken. Diese Form kam auch in diesem Jahr bei kleinen und mittelständischen Unternehmen gut an. Auf dem Wasserstoff Campus Salzgitter, der als Gastgeber den geeigneten Rahmen bot, konnten sie sich präsentieren und Kontakte pflegen und knüpfen.

In seiner Begrüßung in Salzgitter blickte Wirtschaftsminister Olaf Lies positiv auf die Möglichkeiten: „Grüner Wasserstoff ist der Energieträger der Zukunft und bietet enorme Chancen für eine klimafreundliche und zukunftsfähige Energieversorgung. Die Technologien sind vorhanden, zahlreiche Projekte in Umsetzung. Nunmehr geht es darum, die sich hieraus ergebenden Chancen gerade auch für kleine und mittelständische Unternehmen in den Blick zu nehmen.“

Wasserstoffcampus mit Projekten zur Mobilität und Dekarbonisierung

Für den Wasserstoff Campus Salzgitter beleuchteten Michael Gensicke, Geschäftsführer der Robert Bosch Elektronik GmbH, und Prof. Dr.-Ing. Sabrina Zellmer, stellv. Institutsleiterin und Abteilungsleiterin Verfahrens- und Fertigungstechnik für nachhaltige Energiespeicher am Fraunhofer-Institut für Schicht- und Oberflächentechnik IST, ihre Arbeit und die erzielten Fortschritte. Sie betonten, dass sich seit der Gründung des Innovationsverbunds vor zwei Jahren bereits viel getan habe.

Die Teilnehmenden erhielten Einblick in bereits gestartete Projekte zur Wasserstoffmobilität, Fabriktransformation zur Dekarbonisierung der Wertschöpfungskette und zur Konzeptionierung einer grünen Wasserstoff- und Stahlerzeugung für die Region Salzgitter. Insbesondere bei den Themen Infrastrukturausbau, Transformation der Industrie und Zukunftstechnologien wolle man künftig noch enger zusammenarbeiten und sich als Vorreiter in Sachen Wasserstofftechnologien entwickeln. Hierbei wolle man insbesondere auch Ansprechpartner für kleine und mittelständische Unternehmen sein – und dies ausdrücklich über die Region Salzgitter hinaus.

Norddeutschland als Vorreiter: Anreize annehmen, Ausbau vorantreiben

Zusammen mit Dirk Briese, Geschäftsführer Trend:Research GmbH, warfen die Teilnehmenden einen Blick auf Gesamt-Norddeutschland und die Bedeutung der Verknüpfung der Offshore-Wind- und der Wasserstoff-Branche. Anhand dreier Szenarien, die einer optimistischen, pessimistischen und einer mittleren Hypothese entsprachen, verdeutlichte Briese die Wachstumspotenziale für Wasserstofftechnologien für alle Marktteilnehmerinnen und -teilnehmer bzw. -branchen entlang der Wertschöpfungskette. Sein Fazit: Die Wasserstoffwirtschaft in Norddeutschland kann sich zu einem bedeutenden Sektor entwickeln. Die Industrie sollte politische Anreize annehmen und möglichst früh mit Projekten, Initiativen und Zusammenschlüssen den Ausbau vorantreiben. Er hob die Bedeutung von Leuchtturmprojekten hervor, denen er eine „beschleunigende Wirkung“ zusprach.

Große Aufmerksamkeit der Teilnehmenden erfuhr bei seinem Vortrag Maximilian Lohrer, Programm-Manager Wasserstoff & Brennstoffzelle (Nutzfahrzeuge), NOW GmbH. Durch gezielte Finanzspritzen könne eine rasche Nutzung von grünem Wasserstoff in verschiedenen Anwendungsbereichen erreicht und die Wettbewerbsfähigkeit der Anwendungen verbessert werden. Es gebe auf Bundes- sowie europäischer Ebene zahlreiche Förderprogramme und Förderprojekte. Für KMU legte er Anknüpfungspunkte an die aktuellen Förderprogramme „Alternative Kraftstoffe & Technologien“, „Batterie & Ladeinfrastruktur“ sowie „Alternative Antriebe“ dar.

Innovation braucht Kooperation

Insgesamt 22 Aussteller setzten sich mit ihren Blitzlichtbeiträgen ihre Produktlösungen gekonnt in Szene. Ihre vorgestellten Best-Practice-Beispiele luden zu Fragen und Diskussionen mit den Teilnehmenden ein. Thematisiert wurden u.a. industrielle Bereiche mit starken Wachstumspotenzialen sowie begünstigende Faktoren zur Bewältigung von technischen und wirtschaftlichen Hemmnissen für KMU.

„Das Treffen hat wichtige Startimpulse gegeben. Es war eine große Bandbreite an Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen mit unterschiedlichen Wachstumspotenziale hier – im Vergleich zu den letzten Jahren ist das Interesse stark gestiegen“, so das Fazit von Themenmanagerin Energie Gunda Fahrenkrog (Innovationszentrum Niedersachsen GmbH), die die Vorbereitungen koordiniert und die Veranstaltung moderiert hat.

Auch aus den Reihen der Ausstellenden und Teilnehmenden gab es ebenfalls ein positives Fazit: Viele betreiben bereits aktiv Wasserstoffprojekte und arbeiten dabei mit anderen Unternehmen aus Niedersachsen zusammen. Auch wenn die Hürden bei der Förderung noch hoch sind und die Akteurinnen und Akteure teilweise noch von Unsicherheiten und der Frage „wie geht es weiter?“ umgetrieben werden, schauen sie optimistisch in die Zukunft. Vernetzung halten sie für sehr wertvoll – in der Region, mit Projekten in der reichhaltigen Forschungslandschaft und über niedersächsische und deutsche Grenzen hinweg.

Abschließend nutzen die Gäste der Veranstaltung die Möglichkeit zum Austausch mit den Expertinnen und Experten und anderen Teilnehmenden im Rahmen eines Get-Togethers. Auch die Führung über den Wasserstoff Campus Salzgitter brachte viele interessante Eindrücke.

Stimmungsbilder

Daniel Schönbohm – MACEAS GmbH: „Es läuft sehr schleppend. Der große Markthochlauf findet noch nicht statt. Das ist sehr schade. Wenn dieser soweit anlaufen würde, gibt es große Potenziale für den Bereich Maschinenbau. Wir müssen langsam loslegen. Wir sind Maschinenbauer für die Serienproduktion. Anlagen werden nur gekauft, wenn eine Serienproduktion da ist“.

Simone Aschendorff – Process Automation Solutions: „Wasserstoff ist ein wichtiger Energieträger, um eine CO2-neutrale Zukunft zu erreichen. Ohne Wasserstoff wird es keine CO2-neutrale Zukunft geben. Große Unternehmen haben die Ressourcen und die Kompetenzen, sich um ihre Energiethemen zu kümmern. Kleine und mittelständische Unternehmen müssen diese Themen noch nebenbei zum eigentlichen Geschäft im Verbund lösen. Dazu herrscht Personalknappheit. Uns fehlen im Bereich Wasserstoff Best-Practice Beispiele, um diesen Wasserstoffgedanken anzugehen. Dabei geht es vor allem um die Finanzierung und praxisnahe Ideen. Ich würde mir wünschen, dass man sich mit verschiedenen Netzwerkpartnerinnen und -partnern von dieser Veranstaltung zusammentut und ein Projekt angeht, an dem man gemeinsam praktisch lernen kann.“

Jasper Laug – Lauda: „Unsere größte Chance ist, dass wir etabliert auf dem Markt sind mit anderen Industrien und dadurch eine solide Basis haben. Wir haben bereits 2015 die erste Kühlanlage für eine Tankstelle gebaut und sehen jetzt, wie das ganze hochläuft. Die Skalierung ist für uns enorm wichtig. Dafür brauchen wir mehr Standardisierung. Wir würden uns wünschen, dass einfach klarer wird, wo die Reise hingeht – weil wir sonst Investitionen in Entwicklungen tätigen, die am Ende nicht zum Einsatz kommen.“

Olaf Klose – SLB OneSubsea: „Ganz klar: Wir entwickeln die Energie für die Zukunft. Wenn man Offshore-Wasserstoff produzieren möchte, muss man sich entsprechend darauf vorbereiten. Das erfordert gewisse Technik und dafür ist es natürlich wichtig, Klarheit zu schaffen, auch aus der Politik heraus. Hier spielt auch das Thema Förderung eine wichtige Rolle. Ich würde mir von der Politik klare Zusagen wünschen – zum einen Hilfe bei der Anschubfinanzierung, zum anderen eine Antwort auf die Frage, wie die Strategie bei der Vergabe von Offshore-Feldern für die Produktion von Wasserstoff aussieht.“

Jan Bünnemeyer – Autotec GmbH: „Wir sehen die Chance, dass der Markt ein extrem großer und stark wachsender ist und damit sehr interessant für uns. In den kommenden Jahren werden sich gewisse Player herauskristallisieren und  etablieren. Von der Politik wünschen wir uns mehr Förderung und weniger Bürokratie.

Die Veranstalter