Software überwacht Roboter in der Produktion

Dressler Automation GmbH I RoboLive®

Software überwacht Roboter in der Produktion

Die Firma Dressler Automation hat schon einmal eine Transformation mitgemacht: Früher, vor 50 Jahren etwa, wurden in der Werkstatt in Schöppenstedt Schaltschränke per Hand gebaut. Dann kam die Automatisierung, und jetzt sind sie mittendrin in der Digitalisierung. Daraus ist ein komplett neuer Geschäftszweig entstanden: RoboLive®

RoboLive® ist eine Softwarelösung, mit der die robotergestützte Produktion in Betrieb genommen und analysiert werden kann mit dem Ziel, die Qualität zu sichern und möglichst viel Ausschuss zu verhindern. Eigentlich hatten Account Manager Arne Brökers und sein Team dies entwickelt, um die Inbetriebnahme der eigenen Roboter zu überwachen und deren Programmierung zu optimieren.

Zwei Männder schauen auf einen Laptop
Software lässt sich am besten direkt am Bildschirm erklären: Arne Brökers (rechts) von RoboLive® im Gespräch mit Themenmanager Sebastian Koch von der Automotive Agentur Niedersachsen.

Doch das Tool stieß sofort auch bei anderen Unternehmen auf riesiges Interesse: Der Volkswagen-Konzern probierte zunächst in den USA einen Prototypen aus und nutzt das System inzwischen in der gesamten Anlage, berichtet Brökers. „Unseren Standort in den USA hatten wir damals bereits, in Chattanooga, ganz in der Nähe von VW. Jetzt geht es uns darum, das Prinzip nach Niedersachsen zu holen und bei den Mittelständlern der zweiten Ebene, also den Komponenten-, Karosserie- und Teile-Herstellern, zu etablieren.“

Brökers sieht noch sehr große Potenziale bei der Transformation der Automobilwirtschaft: „Oft denkt man dabei ans autonome Fahren und alternative Antriebe. Der größte Schmerz ist aber die Produktion. Da ist nicht alles so modern, wie man vielleicht denkt.“ RoboLive® sei aus der Erkenntnis im eigenen Mutterunternehmen heraus entstanden, dass „da einfach so unfassbar viele Daten sind, die nicht vernünftig genutzt werden. Man kann sie aber verwenden, um das Ganze noch effizienter und schlanker zu gestalten, in der Automobilproduktion oder generell in der Produktion“.

Weniger Ausschuss und weniger Zeitverlust

RoboLive® sitzt im Netzwerk und greift auf alle Roboter sowie deren Programmierungsdaten zu – und gleicht beides miteinander ab. In einem 3D-Modell wird das Produkt inklusive vorgesehener Prozesse visualisiert: Es zeigt also zum einen, wo geschweißt oder geklebt werden soll, und zum anderen, wo tatsächlich geschweißt und geklebt wird. So sind zum Beispiel fehlende Punkte zu erkennen. Die dazugehörigen Parameter zu identifizieren, dauert laut Arne Brökers mindestens 45 Minuten – „wenn man den Fehler überhaupt so schnell findet.“ RoboLive® erkennt die erkennt die Abweichungen, bevor das Bauteil produziert wird, und gibt Warnmeldungen aus. So kann noch rechtzeitig korrigiert werden.

Das funktioniert, so die Entwickler, auch mit unterschiedlichen Robotertypen verschiedener Hersteller, muss aber für jede Anwendung neu angepasst werden. Als Ziel hat das Unternehmen aus Schöppenstedt sich nichts Geringeres vorgenommen, als die gesamte Bandbreite bedienen zu können, also die Arbeit aller Roboter in einer kompletten Anlage zu überwachen. Denn „Roboter funktionieren sehr individuell und dann ist es immer eine Herausforderung, das anzupassen. Aber genau das ist es, was RoboLive® so spannend macht, sagt Arne Brökers.

Produktion



Gründungsjahr: 1970 Dressler Automation + 2020 RoboLive®
Anzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: 10

Weitere Standorte: Chattanooga, USA


RoboLive®, Dressler Automation GmbH
Braunschweiger Straße 20, 38170 Schöppenstedt

office@robolive.info
https://robolive.info/de


„Das Spannende ist, dass die Softwarelösung eigentlich für uns selbst gedacht war. Während der Roboter-Programmierung und -Optimierung hat sich das Produkt RoboLive® ergeben. Unsere eigene interne Transformation unterstützt nun auch andere in der Automobilbranche dabei, ihre Produktion weiter zu digitalisieren, also deren Transformation auch voranzutreiben.“

Arne Brökers, Account Manager RoboLive®

Drei Fragen an: Arne Brökers

Was sind die nächsten Meilensteine für RoboLive®?

Brökers: Wir sind jetzt auch in Mexiko unterwegs, und der nächste Schritt ist für uns die Etablierung am europäischen Markt. In Deutschland befinden wir uns in Gesprächen mit OEMs. Ziel ist es, eine weitere Zielgruppe zu bedienen und insbesondere in Niedersachsen, auch die Tier2-Ebene anzusprechen, also mittelständische Unternehmen, die natürlich einen ganz anderen Anspruch und auch eine ganz andere Herangehensweise haben. Das bedeutet, dass wir uns noch viel Know-how aneignen müssen. Und da ist unser nächster Schritt, ein Pilotprojekt zu starten. Wir wollen RoboLive® anpassen für Unternehmen, die kein Netzwerk haben, wo alle Roboter drin sind, die keine ganze Karosserie bauen, sondern viele Einzelteile. Da sind wir gerade auf der Suche nach einem Partner. Also, wenn jemand jemanden kennt, dann freuen wir uns über Nachricht.

Welche Herausforderungen gibt es denn, um in den Markt hineinzukommen?

Brökers: Wir haben ein krasses Nischenprodukt, und dafür genau die richtigen Leute anzusprechen, ist sehr schwierig. Wie gesagt, wir sind ja schon in Gesprächen, aber unser Produkt ist so „nischig“, dass wir das Personal an der Anlage überzeugen müssen. Die trifft man aber nicht einfach mal so auf der Straße und kann sie nicht einfach anquatschen. Man trifft eher die höhere Ebene, die vielleicht nicht sofort erkennt, welches Einsparpotenzial RoboLive® bietet, sondern erstmal nur den Mehraufwand sieht. Die Wege sind einfach sehr lang, von der Akquise bis zum Pilotprojekt bis zur Umsetzung. Deshalb sind wir auch sehr froh, dass es solche Organisationen wie die Automotive Agentur gibt, mit deren Hilfe man immer weiter die Fühler ausstrecken und sich ein Netzwerk aufbauen kann.

Dressler Automation ist seit 50 Jahren in Niedersachsen verwurzelt. Welche Bedeutung hat der Standort?

Brökers: Wir bekommen eine Förderung vom Land Niedersachsen, die es uns ermöglicht, überhaupt eine Transformation hinzulegen. Das ist ja immer risikobehaftet. Das ist natürlich ein Riesenvorteil für uns. Dann haben wir unsere Netzwerke hier, über die wir Kontakt zur Startup-Szene haben. Die Allianz für die Region und überhaupt die Regionen machen viel, um die Transformation voranzutreiben. Und natürlich sind ja auch hier die großen Automobilunternehmen. Wir haben das größte Werk der Welt direkt vor der Haustür. Salzgitter, Braunschweig, Emden, Osnabrück und Hannover – alles wichtige Standorte mit Herstellern und Zulieferern. Also ist das hier eigentlich unser Schlaraffenland. Niedersachsen ist ideal für uns und auch in der Kommunikation ist es immer toll sagen zu können: Wir kommen aus Niedersachsen, Deutschland, wir haben deutsche Wurzeln, niedersächsische Wurzeln, hier wurde die ganze Automobilindustrie in den letzten Jahrzehnten mit aufgebaut.


Zwei Autos mit der Aufschrift BEN-Tec Ready for H2 vor einem Firmengebäude.

Raketentechnologie als Rundum-Sorglos-Paket

BEN-Tec GmbH, Energetische Beratung und Fachplanungsbüro

Raketentechnologie als Rundum-Sorglos-Paket

Eigentlich wollte der Geschäftsführer der BEN-Tec GmbH, Sebastian Niehoff, „nur“ Elektrolyseure für Tankstellen bauen, um sie mit Notstrom zu versorgen. Herausgekommen ist ein Verbund mehrerer kleinerer Unternehmen mit inzwischen mehr als 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, der in Sachen Wasserstoff das Rundum-Sorglos-Paket für Mittelständler anbietet und so etwas wie Fachkräftemangel gar nicht kennt.

„Kompetenz durch Umsetzung“ nennt der Energie- und Umweltingenieur seine Unternehmensphilosophie: „Wir müssen schnell sein, dazu umweltfreundlich, wirtschaftlich und zukunftssicher. Wir denken neu und suchen Partner und Netzwerke, denn ein Patent in der Schublade nützt uns nichts“, erklärt Niehoff. Deshalb setze er lieber fünf kleine Projekte um als ein großes, „weil wir dadurch viel schneller lernen“.

So und auch durch flexible Angebote zu arbeiten ist das Geschäftsmodell schnell gewachsen. „Wir beschäftigen hier Studenten, Absolventen und erfahrene Ingenieure, vom Minijob bis zur Vollzeitstelle“, ergänzt Eric Golbs, ebenfalls Ingenieur. Hochschulen würden gezielt angesprochen. BEN-Tec habe zudem frühzeitig angefangen, selbst auszubilden. So verschmelze junges, grenzfreies Denken und althergebrachtes Erfahrungswissen.

Die Vertreter der Firma BEN-Tec im Gespräch mit Gunda Fahrenkrog an einem Holztisch.
Informatives, interessantes Gespräch in der BEN-Tec-Zentrale in Rheine (v.l.): Sebastian Niehoff, BEN-Tec GmbH, Geschäftsführender Gesellschafter, Eric Golbs, BEN-Tec GmbH, Ingenieur für Energie- und Umwelttechnik, Samuel Jacubasch, H2Powercell GmbH, Entwicklungsingenieur und Gunda Fahrenkrog, Innnovationszentrum Niedersachsen, Themenmanagerin Energie.

„Wir sind ‚Energiewende-Gestalter‘ und bieten eine ‚Raketentechnologie‘ an. Denn ‚wir bauen Wasserstofftankstellen‘ klingt viel zu langweilig“, betont Golbs. Das ist auch bei weitem nicht alles, was der Wasserstoff-Unternehmensverbund bietet.

BEN-Tec entwickelt komplette Wasserstoffkonzepte in stationären und mobilen Anwendungen. Das erfolgreiche Produkt ist der „H2-Powercube“, in dem sowohl Elektrolyse als auch Stromgewinnung per Brennstoffzelle stattfinden können. Die notwendige Technik wird von der Firma H2 POWERCELL gebaut, ein weiteres Unternehmen installiert diese. Inbetriebnahme und Wartung wiederum übernimmt BEN-Tec. „So können wir die gesamte Schiene Wasserstoff abdecken“, sagt Geschäftsführer Niehoff.

Eigene Ausbildungsgänge entwickelt

Um seinen speziellen Bedarf an Fachkräften zu decken, hat das Unternehmen mittlerweile schon zwei neue Ausbildungsgänge gemeinsam mit IHK und Berufsschule entwickelt. BEN-Tec bildet zum „Technischen Systemplaner, Wasserstoff“ und zum „Technischen Produktdesigner“ aus. So wird die Kompetenzlücke zwischen dem Elektriker und dem Installateur geschlossen. Schulungen für Behörden, Handwerksbetriebe, Tankstellen oder Feuerwehren bietet zudem der „H2-Campus“ an, der als Plattform angelegt, die akademische und betriebliche Weiterbildung verknüpft.

Nicht zuletzt gibt es einen Unternehmenszweig, der die Wasserstoffanwender bei Förderanträgen unterstützt – entstanden aus der Erfahrung heraus, dass Formulare oft nur halb ausgefüllt zurückkamen. „Wasserstoff ist ohne Förderung noch nicht machbar, also bieten wir das mit an. Unsere Online-Formulare sind in der Branche so gut angekommen, dass einige große Marktbegleiter sie von uns erworben haben und ebenfalls nutzen“, so Niehoff.

Dabei wollte Sebastian Niehoff eigentlich „nur“ Elektrolyseure für Tankstellen bauen. Herausgekommen ist ein Mittelständler, der für andere Mittelständler den Energieträger Wasserstoff im Komplett-Paket nutzbar macht. Niehoffs Fazit: „Das, was wir jetzt machen, macht richtig Spaß!“

Fachkräfte, Antrieb, Energie



Gründungsjahr: 2017
Anzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: mehr als 50


BEN-Tec GmbH, Energetische Beratung und Fachplanungsbüro
Gutenbergstraße 30, 48282 Emsdetten

info@ben-tec.com
https://www.ben-tec.com/


„Wir haben von vorneherein eine junge Firmenkultur gepflegt und konnten so von Anfang an dem Fachkräftemangel begegnen. Die Hälfte der Belegschaft ist immer im Homeoffice. Wir bieten flexible Lösungen an, denn die Leute sollen so arbeiten, wie sie am besten können.“


Ganzheitlich und flexibel gedacht: Vom Mittelstand für den Mittelstand

Bilder: AAnds, BEN-Tec GmbH, Daniel Reißig / FAUN


Sebastian Niehoff, Geschäftsführender
Gesellschafter, BEN-Tec GmbH

Drei Fragen an: Sebastian Niehoff

Wie gelingt es Ihnen, junge Leute zu gewinnen, zu halten und weiterzubilden?

Niehoff: Wir brauchen Leute, die grenzfrei denken, weg vom „das haben wir immer schon so gemacht“. Deshalb halten wir zum Beispiel engen Kontakt zu Hochschulen und bekommen die Leute, die Lust haben, sich in ein Wasserstoff-Thema reinzuwühlen. Da sind auch schon die tollsten Abschlussarbeiten entstanden – eine Win-Win-Situation! Wir haben von vorneherein eine junge Firmenkultur gepflegt und konnten so von Anfang an dem Fachkräftemangel begegnen. Die Hälfte der Belegschaft ist immer im Homeoffice. Wir bieten flexible Lösungen an, denn die Leute sollen so arbeiten, wie sie am besten können. Einer Studentin haben wir einen Laptop mit ins Auslandssemester gegeben, ein anderer Mitarbeiter hat bei uns angefangen, als er noch für mehrere Monate in Spanien war. Und wenn unser Auszubildender erst um 10 Uhr kommt, weil das sein Biorhythmus ist, dann ist er motiviert, und wir müssen ihn nicht kontrollieren. Wir denken, diese intrinsische Motivation ist die beste Motivation, um Technogien, Innovationen und Projekte voranzubringen – und die wollen wir fördern.

Sie haben aus Ihrer Leidenschaft heraus ein Unternehmen entwickelt – und das ist schnell gewachsen. Wie wird es weitergehen?

Niehoff: Wir wollen die Konzepte der Zukunft entwickeln – und ich sage ausdrücklich, dass wir dafür auch E-Fuels und Strom als Antriebsenergie brauchen. Wasserstoff kann überall da zum Einsatz kommen, wo es um weite Strecken und große Transporte brauchen. Wir haben in Deutschland kein Energieproblem, sondern ein Zeitproblem. Wir brauchen eine zeitlich abgestimmte Bereitstellung. Mit unserem H2 Powercube können wir dezentral erneuerbare Energie speichern und in der Nacht wieder zur Verfügung stellen. Dieses Produkt wollen wir in Zukunft modular aufbauen, das heißt, dass es je nach Bedarf beim Wasserstoff-Hochlauf mitwachsen kann. Dabei wollen wir auch mit digitalen Zwillingen arbeiten und Standards erarbeiten. In Wettringen planen wir gerade einen Neubau.

Welche Bedeutung hat Niedersachsen für Ihr Unternehmen bzw. für den Wasserstoff-Hochlauf insgesamt? Was könnte die Politik noch besser machen?

Niehoff: Es gibt Energie-Senken und Energie-Quellen. Für Niedersachsen sehe ich große Chance, Energiequelle für andere Regionen zu sein, die eine Senke sind – wie zum Beispiel das Ruhrgebiet. Dafür brauchen wir eine Art Kataster, sodass wir Erzeugung und Bedarf zeitlich miteinander verknüpfen können. Niedersachsen hat viel Potenzial aufgrund seiner Fläche, einerseits in der Energieumwandlung, z.B. durch die Offshorewindparks, aber andererseits auch in Bezug auf das Infrastrukturnetz für Strom und Wasserstoff. Hier in der Region Bentheim, Emsland, Münsterland, Kreis Steinfurt ist eigentlich das Energie-Hub Deutschlands, von Nord nach Süd, von Ost nach West. Die Politik müsste noch offener denken, um vor allem bei der Förderung nicht so einen Flickenteppich zu haben. Niedersachsen erleben wir unkomplizierter bei der Förderung als Nordrhein-Westfalen. Die Förderung von Kleinelektrolyseuren in NRW wiederum könnte Vorbild für andere Bundesländer sein. Wir müssen flächendeckend denken, sonst funktioniert das mit der neuen Technologie nicht. Auch die Photovoltaik konnte nur durch Förderangebote skaliert werden – und ist jetzt eine günstige Form, Elektrizität zu erzeugen.


Stau im Rückspiegel

Eine Welt ohne Staus? Ist möglich!

Graphmasters GmbH

Eine Welt ohne Staus? Ist möglich!

Immer mal wieder wird berechnet, wie viel wertvolle Lebenszeit wir im Stau verbringen. Dabei ist es nicht nötig, sich über zähfließenden Verkehr oder Stillstand auf der Autobahn zu ärgern und für den Notfall einer Vollsperrung immer ein paar Würstchen oder Schokolade an Bord zu haben. Eine Welt ohne Staus ist möglich, sagt das Team des Software-Unternehmens Graphmasters GmbH aus Hannover.

Mit der Nutzung der von Graphmasters entwickelten, kostenlosen Navigationsapp, die unter dem Kunstwort NUNAV firmiert, kann jede und jeder dazu beitragen, den Verkehr flüssiger zu machen und Emissionen durch bessere Routen und weniger Zeit im Stau einzusparen, erklärt COO Sebastian Heise. Für Lastenfahrräder und Busse sowie für das Park- und Verkehrsleitmanagement bei Veranstaltungen hat Graphmasters ebenfalls Apps entwickelt, genauso wie für Logistik-Unternehmen.

Ein gelbes Ortsausgangsschild: oben Hannover, unten das Wort Stau durchgestichen,
Den Stau hinter sich lassen und auf optimiertem Weg rein nach Hannover – das ist möglich, sagen die Software-Entwickler von Graphmasters in Hannover. Das spart Zeit und ist gut fürs Klima.

 

NUNAV Courier unterstützt Kurier-, Express- und Paketdienstleister bei der Disposition, sodass die gleiche Arbeit mit weniger Fahrzeugen und weniger Fahrten erledigt werden kann. Im Volkswagen Crafter und im VW Transporter ist diese Multistopp-Tourenplanung inzwischen voll integriert. „Jetzt ist es so weit, dass unsere Entwicklung tatsächlich rausgeht“, freut sich Heise. Erster großer Kunde war die VW-Konzernlogistik selbst.

Technologischer Kern für die Graphmasters-Anwendungen ist das „Collaborative Routing“. Das heißt, die Apps greifen in Echtzeit auf zahlreiche Verkehrsinformationen zurück, also auch auf die von den Nutzerinnen und Nutzern angeforderten Routen. „Viel relevanter als zu wissen, wie der Verkehr gerade ist, ist es doch, zu wissen, wie wird sich der Verkehr demnächst verhalten? Wir drehen den Gedanken von ‚Wo ist der Stau‘ hin zu ‚Wo muss das hin‘“, erläutert der COO. Mithilfe der KI wird der Verkehr nicht nur über die Hauptverkehrsadern gelenkt, sondern über das gesamte Straßennetz verteilt.

Messe in Hannover bedeutet Stau in Bielefeld

Es geht also um Vorhersagen – und die großen Zusammenhänge: „Wenn wir in Hannover die Hannover Messe haben, dann ist der Stau nicht bei uns, der Stau ist in Bielefeld, jedes Mal. Die Hannoveraner interessiert das nicht, und die Bielefelder sind genervt. Das muss nicht sein: Wir haben so viel Straße, wir brauchen keine Staus. Es lässt sich alles organisieren, alle hätten ihren Benefit.“ Verkehrsleitzentralen und Messe-Gesellschaften wenden die Software bereits an. So konnte beispielsweise auf der AgriTechnica in Hannover der Verkehrsfluss erfolgreich gelenkt und verbessert werden.

Besonderes Potenzial sieht er bei den Logistik-Unternehmen. „Es wird immer weniger Fahrerinnen und Fahrer geben, aber immer größeren Transportbedarf. Es wird nicht reichen, dass ein Auto autonom fahren und fehlerfrei um die Ecke biegen kann. Auch das Fahrerwissen brauchen wir, zum Beispiel die Information, wo man klingeln muss. Wir arbeiten sehr intensiv daran, Dispositions- und Planungsprozesse vollständig von der KI erledigen zu lassen. Das ist furchtbar spannend.“

Smart Mobility



Gründungsjahr: 2013
Weitere Standorte: Großbritannien, Schweiz, Österreich


Graphmasters GmbH
Hollerithallee 17, 30419 Hannover

info@graphmasters.net
https://www.graphmasters.net


Die vollautomatische Lastenverteilung ist angesichts der Zunahme des Individualverkehrs, des Öffentlichen Personennahverkehrs und der Wirtschaftsverkehre unumgänglich. Mit dem Effekt, dass allein dadurch schon 20 Prozent CO2 eingespart werden können, noch bevor der Wechsel der Energieträger in Fahrzeugen erfolgt ist.“


Geschickte Verkehrsverteilung hat viele Benefits

Bilder: Graphmasters, CleverStock – stock.adobe.com, Stan – pexels


Portraitbild von Sebastian Heise, COO bei Graphmasters GmbH
Sebastian Heise, COO, Graphmasters GmbH

Drei Fragen an: Sebastian Heise

Wie sind Sie und ihr Team auf die Idee für NUNAV gekommen?

Heise: Das kam aus unserer eigenen Forschung zu Studienzeiten heraus. Wir haben festgestellt, dass wir den Straßenverkehr mathematisch oder aus der Sicht eines Ingenieurs heraus intelligenter gestalten können. Daraufhin haben wir ein System entwickelt, dass das technisch leistet – mit der Idee im Hinterkopf, dass die Welt ein großes Interesse dran haben sollte. Wir haben Preise und Wettbewerbe gewonnen und mit viel Antrieb die Firma gegründet. So lange wir die Firma betreiben, suchen wir nach Wegen, um unsere Lösung in die Welt hinaustragen zu können.

Vor welchen Herausforderungen stehen Sie dabei?

Heise: Jede und jeder weiß eigentlich, dass Sport gesund ist, aber die Leute tun es trotzdem nicht. Was ich damit sagen will: Die Effekte sind offensichtlich, messbar, visualisierbar. Und doch gibt es eine unsichtbare Kraft, die macht, dass das nicht passiert. Jede und jeder hat seine eigene Resilienz, warum etwas jetzt gerade nicht so leicht ist. Es gibt immer Herausforderungen, die noch dringender sind. Das ist auch bei unserer Entwicklung so. Wir müssen immer wieder darstellen, wo der Benefit ist, egal ob im politischen Diskurs oder in einem großen Konzern: Jeder will wissen, ‚wo ist der Vorteil für mich?‘ Ich bin fest überzeugt, es ist ganz viel Benefit da, für jede und jeden, aber wir müssen das den Menschen oft intensiv erläutern.

Und wo auf dem Weg stehen Sie da zurzeit? Was brauchen Sie, um ihre Ziele zu erreichen?

Heise: Dass wir jetzt die Verträge mit VW haben und sie unseren Multistopp-Pathfinder einbauen, ist ein großer Meilenstein. Im Zusammenhang mit der Mobilitätswende verstehen wir uns als „Enabler“. Wir bringen Daten und Fakten der Logistik zusammen, die bislang oft noch verteilt sind. Wir können es möglich machen, dass ein Unternehmen mit 30 statt mit 45 Lkw sein Tagwerk schafft. Und das hat ja nicht nur monetär einen Effekt, auch für die Anwohner könnte das interessant sein, wenn weniger Lkw ihre Straßen weniger plattfahren. Eigentlich hat die ganze Gesellschaft ein Interesse daran, denken wir. Aber die Veränderung ist schwer. Wir brauchen Leute, die nicht immer nur sagen ‚das funktioniert nicht‘, sondern Leute, die sagen‚ ‚das  ist wichtig und spannend‘. Nur weil ich heute nicht weiß, wie die Lösung aussieht, heißt das ja nicht, dass man sich mal auf den Weg begibt. Man muss einfach loslegen.


Ein Abfallsammelfahrzeug wird betankt.

Von Bier und Bremskraft zu BLUEPOWER und Greenfuture

FAUN Umwelttechnik GmbH & Co. KG

Von Bier und Bremskraft zu BLUEPOWER und Greenfuture

Was haben ein Bier unter Ingenieuren und ein verlorenes Fußballspiel von Bundesligist Werder Bremen mit wasserstoffangetriebenen Abfallsammelfahrzeugen zu tun? Beide Ereignisse waren entscheidend dafür, dass das Unternehmen FAUN Umwelttechnik aus Osterholz-Scharmbeck inzwischen 60 emissionsfreie Müllautos vom Typ „BLUEPOWER“ auf die Straße gebracht hat und ihr Ziel, an einem umweltverträglichen Lastverkehr mitzuarbeiten, verfolgen kann.

Für Geschäftsführer Burkard Oppmann ist dies einer der bedeutendste Meilenstein in seiner nunmehr 27-jährigen Tätigkeit bei FAUN: Dass es die ersten Abfallsammelfahrzeuge mit Wasserstoff-Antrieb sind, die sich – in Serie gefertigt, jeden Tag acht Stunden unterwegs – im Alltagsbetrieb bewähren, das macht ihn hörbar stolz. Doch der Weg dahin war mitunter steinig, und nicht nur einmal war Beharrlichkeit notwendig.

2006 war es, als Oppmann und Kollegen nach Feierabend zusammensaßen und überlegten, wie man die Energie, die entsteht, wenn ein Abfallsammelfahrzeug täglich hunderte Male auf dem Weg von Tonne zu Tonne anfährt und bremst, auffangen und nutzen kann. Heraus kam 2010 das „DUALPOWER“-Fahrzeug, das per Rekuperation den Dieselverbrauch um die Hälfte senkte. Der nächste und erste Schritt hin zum Wasserstoffantrieb folgte nur ein Jahr später: die Berliner Stadtreinigung testete das Müllfahrzeug „FUELCELL“ , das zwar noch einen Dieselmotor hatte, aber dessen Lifter und Aufbau erstmalig von einer Brennstoffzelle mit Energie versorgt wurden.

Ein Wasserstoff-Müllfahrzeug vor dem Firmengebäude von FAUN
Von der Bremskraft-Rückgewinnung zum Wasserstoff-Antrieb: Zwölf Jahre Entwicklung und Beharrlichkeit stecken in diesem Abfallsammelfahrzeug.

 

„Von dieser Stunde an haben wir uns bemüht, mehr und mehr auf das Thema Wasserstoff einzugehen und 2018 das erste Abfallsammelfahrzeug komplett mit Wasserstoff-Antrieb auf der Umweltmesse IFAT in München vorgestellt“, erzählt Burkard Oppmann. Das BLUEPOWER-Müllfahrzeug war geboren. „Von da an ging es mit strammen Schritten voran.“

Beim nächsten Meilenstein half der Fußball mit

Als FAUN dann wiederum einen Schritt weiterging, um mit seiner Erfahrung nicht nur Abfallsammelfahrzeuge, sondern auch andere wasserstoffangetriebene Lastwagen für den Stadtverkehr zu entwickeln, war es wieder die Beharrlichkeit von Burkard Oppmann, die zum Erfolg führte – und ein Sieg des Fußball Bundesligisten VfB Stuttgart über den SV Werder Bremen: „Wir brauchten einen Glider, also einen Truck, der nur aus dem Fahrgestell besteht, ohne Motor, ohne Getriebe und ohne Antriebsstrang. Es bedurfte allen Verhandlungsgeschicks, um mit Daimler nach zweieinhalb Jahre kontinuierlicher Verhandlungen zu einem Vertragsabschluss zu kommen, der vorsah, ein Auto ohne Motor zu liefern.“ Schmunzelnd fügt Oppmann hinzu: „Dass Bremen damals beim Auswärtsspiel gegen den VfB Stuttgart verloren hat, das mag geholfen haben.“

Die LKW kamen 2022 auf den Markt und werden unter der Marke ENGINIUS vertrieben. FAUN verlagerte die Produktion nach Bremen in ein eigenes Werk, wo ausschließlich die Mercedes-Fahrgestelle mit Wasserstoff ausgerüstet werden. „Nur neue, keine gebrauchten“, betont Oppmann. Und: keine Sattelzugmaschinen. Das will FAUN den großen OEM überlassen. „Wir haben gesagt, wir bewegen uns in einer Nische. Alles das, was die anderen nicht machen, ist was für uns.“ 1.500 Wasserstoff-Lastwagen pro Jahr sind das Ziel.

Antrieb, Energie



Gründungsjahr: 1845
Anzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: 550 in Niedersachsen, weltweit 2000

Weitere Standorte: 11 Werke in 7 Ländern
Mutterkonzern: FAUN ist Teil der KIRCHHOFF Ecotec, der Umweltsparte der weltweit agierenden KIRCHHOFF Gruppe.


FAUN Umwelttechnik GmbH & Co. KG
Feldhorst 4, 27711 Osterholz-Scharmbeck

info@faun.com
www.faun.com


„Wir sind als Erster mit dem Wasserstoffantrieb am Markt. Für uns ist das die Zukunft einer ganzheitlichen, emissionsarmen Entsorgung und Straßenreinigung.“

Portraitfoto von Burkard Oppmann, FAUN Umwelttechnik
Burkard Oppmann, Geschäftsführer und Chief Sales Officer Germany der FAUN Umwelttechnik GmbH & Co. KG und ENGINIUS GmbH

Drei Fragen an: Burkard Oppmann

Inzwischen entwickeln viele, wenn nicht sogar alle Lastwagen-Hersteller auch Modelle mit alternativen Antrieben. Wodurch hat Ihr Unternehmen diesen gegenüber einen Vorteil?

Oppmann: Wir haben einen Wissens- und Erfahrungsvorsprung, weil wir schon 2006 angefangen haben. Mit den DUALPOWER-Müllfahrzeuge, von denen wir bereits 20 verkauft haben, haben wir viele Erkenntnisse gesammelt, die wir in der Wasserstoff-Technik umgesetzt haben. Auch aus ersten Schwierigkeiten bei der Umrüstung von Dieselfahrzeugen mit Aufbau und Lifter von anderen Herstellern haben wir schnell gelernt. Beim Pilotprojekt in Berlin hatten wir keinen Ausfall, außer, dass die Heizung mal nicht ging. Also war der nächste Schritt, unsere eigene Steuerung zu entwickeln. Man muss dazu betonen: wir sind ein Mittelständler, und dass wir als OEM agieren, damit haben wir nicht gerechnet. Wir kommen aus der Abfallabfuhr und der Straßenreinigung, da kennt man uns. Unser nächster Schritt ist jetzt, etwas für den City-Verkehr zu tun.

Was waren die größten Herausforderungen auf Ihrem Weg von der Idee zur Mission zur Innovation?

Oppmann: Als wir das erste Fahrzeug 2018 auf die Messe gestellt haben, waren wir als Einzelkämpfer unterwegs – und haben uns viele Fragen gestellt. Funktioniert das? Ist es marktfähig? Erklärt sich der Kunde bereit, diesen Weg mit uns zu gehen? Den Durchbruch habe ich gefühlt, als wir einen Monat vor der Pandemie auf einem Summit namhafter Entsorger unsere Entwicklung erstmals vorgestellt haben. Damals hatten wir schon einige Aufträge, aber wir mussten ja nicht nur das Fahrzeug bauen, sondern wir mussten Kunden finden, die eine Wasserstofftankstelle in der Nähe haben. Die Versorgung ist heute teilweise auch noch schwierig, aber man arbeitet dran. Auch die Mannschaften, die mit dem Wasserstoff-Fahrzeug unterwegs sind, mussten wir motivieren, umzusteigen: Heute wollen die gar nicht mehr zurück in ein Diesel-Fahrzeug wechseln, dies auch, weil die Geräuschkulisse in einem Wasserstoff-Fahrzeug viel geringer ist.

Wie sieht Ihre Zukunftsprognose für die Mobilität und Ihr Unternehmen – in Niedersachsen – aus?

Oppmann: Das Ziel ‚Kein Verbrenner mehr bis 2035‘ – das wird leider nicht so schnell zu erreichen sein, wie manche sich das vorstellen. Ich meine, wir brauchen beides: Wasserstoff und das Batterieelektrische. Wo ich das größte Problem sehe, ist die Versorgung der LKW mit Energie. Das Transportbedürfnis unserer Gesellschaft ist so viel größer geworden. Wie wollen wir Mengen an Fahrzeugen zukünftig betanken? Da gibt es noch keine überzeugende Lösung. Wir haben gar nicht genug E-Ladesäulen und auch beim Wasserstoff muss die Infrastruktur zur Versorgung verbessert werden. Hier sehe ich die größte Herausforderung. Derzeit konzentrieren wir uns bewusst auf unsere Kunden im deutschen Markt und wollen bis 2035 nur noch emissionsfreie Abfallsammelfahrzeuge bauen. Zukünftig möchten wir gern auch weitere europäische Märkte bedienen.


Ein Werbeplakat mit dem Portrait von Niklas Tesla, mit Sprechlase. Du fährst elektrisch? Hol Dir Deine Prämie!

Fahre elektrisch und tue Gutes – mit der THG-Prämie

mint future GmbH

Fahre elektrisch und tue Gutes – mit der THG-Prämie

Wer ein E-Fahrzeug besitzt, kann dafür jährlich eine Vergütung für die eingesparten CO2-Emissionen bekommen. Um die Beantragung so einfach wie möglich zu machen, hat die mint future GmbH aus Osnabrück dafür eine Plattform entwickelt. Dabei setzt das Startup für den Klimaschutz und die Mobilitätswende noch einen obendrauf: Die Prämie kann direkt in regionale, nachhaltige Projekte investiert werden. Wie es dazu kam, ist eine Erfolgsgeschichte nach dem Motto „einfach machen“.

Am Anfang war da der „Fahrzeugscheinscanner“, eine Software, die Geschäftsführer und Co-Founder Maximilian Stein zusammen mit zwei Freunden entwickelt hat – eigentlich als Hobby, um seine Kfz-Werkstatt papierfrei zu machen und den Kundinnen und Kunden eine digitale Unfall-Schadenaufnahme zu ermöglichen. Als Maximilian Stein dann auf die THG-Quote stieß, wusste er, wofür der Scanner noch einen großen Nutzen haben könnte, und die Idee für die Plattform „wirkaufendeinethg.de“ war geboren.

Die Startseite der Webpräsenz wir kaufen deine thg.de
Um die Beantragung der THG-Quote so einfach wie möglich zu machen, hat die mint future GmbH aus Osnabrück dafür die Internet-Plattform wirkaufendeinethg.de entwickelt.

THG-Quote steht für Treibhausgasminderungsquote. Sie verpflichte die Mineralölunternehmen dazu, den durch von ihnen verkaufte Kraftstoffe verursachten CO2-Ausstoß von Jahr zu Jahr zu senken. Erreichen sie die immer weiter steigende Quote nicht, müssen sie zahlen – und sich die „Legitimation“ für den Emission kaufen. Aus diesen Einnahmen wiederum fließt die THG-Prämie für E-Fahrzeugbesitzer. Diese müssen einfach nur ihren Fahrzeugschein einscannen und mit ein paar Klicks entscheiden, welchen Anteil der Prämie sie selbst haben wollen oder ob damit Bäume gepflanzt oder Ladeinfrastruktur weiter ausgebaut werden soll. Auch Betreiberinnen und Betreiber von öffentlichen Ladesäulen können die THG-Prämie nutzen.

Das Glück, in Niedersachsen zu sein

Auf der Suche nach einem Partner, um das Geld der Mineralölkonzerne für nachhaltige Projekte zu „sichern“ und die neue Software-Lösung auszurollen, stieß das Startup auf die Firma TÖNNJES INTERNATIONAL GROUP GmbH. Das Familienunternehmen, das Fahrzeug-Zulassungssysteme und Produkte für die automatische Fahrzeugidentifikation anbietet, war zeitgleich auf der Suche nach innovativen Ideen – und ist sofort von dem Geschäftsmodell begeistert gewesen. „Vier Wochen später hatten wir eine neue Gesellschaft, die mint future GmbH“, erzählt Maximilian Stein – und er und seine Freunde Mark Warneke und Max Leimkühler wurden erneut zu „Gründern“, nachdem sie zuvor schon mit einem Software-as-a-Service-Startup Erfolg und Erfahrung gesammelt hatten.

Geschäftsführer Stein nennt „Glück, dass wir in Niedersachsen sitzen, und dass die Firma TÖNNJES INTERNATIONAL auch in Niedersachsen sitzt. Am Anfang hatten wir eine Vision und einen Prototyp, aber noch kein fertiges Produkt. Dann kam die Automotive Agentur Niedersachsen und hat gefragt: ‚Was braucht Ihr?‘.“

Seit der Gründung Anfang 2022 hat das Startup nach eigenen Angaben eine „hohe fünfstellige Anzahl“ von Kundinnen und Kunden sowie über 140 Partnerunternehmen und -organisationen gewonnen, die die THG-Quoten-Beantragungsplattform auf ihren Web-Sites – im eigenen Corporate Design – ebenfalls anbieten. Darunter sind zum Beispiel Versicherungen, Autohäuser und Energieversorger. Als Nächstes folgt der Rollout des Konzeptes der THG-Quote nach Österreich.

E-Mobilität



Gründungsjahr: 2022
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: 11


mint future GmbH
Marie-Curie-Str. 3, 49076 Osnabrück
Telefon: +49 541 96328788

info@wirkaufendeinethg.de
www.wirkaufendeinethg.de


„Wir sind einfach mit unserer Vision, eigentlich nur mit einer ersten Idee auf unseren jetzigen Gesellschafter zugegangen und haben gesagt: ‚Wir machen das jetzt und entweder es klappt oder eben nicht.‘ Manchmal ist es richtig, es einfach zu probieren.“


Wie das Geld der Mineralölkonzerne in den Wald kommt

Bilder: mint future GmbH, AANds


Portraitfoto von Maximilian Stein
Maximilian Stein, Geschäftsführer und Co-Founder von mint future GmbH

Drei Fragen an: Maximilian Stein

Was war der wichtigste Meilenstein in der noch jungen Unternehmensgeschichte Ihres Startups?

Stein: Dass wir von einer großen Versicherung in Brüssel als „Sustainable Hero“ gekürt wurden und uns gegen rund 6.000 Mitbewerberinnen und Mitbewerber aus Europa durchgesetzt haben. Wir wurden stellvertretend für Deutschland für unser nachhaltiges Geschäftsmodell ausgezeichnet. Da haben wir gerade mal acht Monate existiert. Das hat auch bei unseren damals noch neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bzw. bei den Bewerberinnen und Bewerbern für einen Vertrauensvorschuss gesorgt, weil sie dadurch gesehen haben, dass unsere Arbeit von außen wertgeschätzt wird.

Was ist Ihre Motivation und was können Andere von Ihnen lernen?

Stein: Wir wollten eine Möglichkeit schaffen, mit der Besitzerinnen und Besitzer von E-Autos, -Bussen oder -Rollern und Betreiberinnen und Betreiber öffentlicher Ladeinfrastruktur selbst entscheiden können, was mit dem Geld aus dem THG-Handel passiert. Wir kommen ja zum Teil aus dem Handwerk, da sind unsere Wurzeln, und deshalb gefällt mir der Spruch der Startup-Initiative Niedersachen so gut: ‚einfach machen‘. Wir haben es einfach ausprobiert, sind mit unserer Vision auf unseren Investor und jetzigen Gesellschafter zugegangen und haben gesagt: ‚Wir machen das jetzt und entweder es klappt oder eben nicht.‘ Diese Mentalität kann man natürlich nicht auf jedes Geschäftsmodell übertragen, aber manchmal ist es richtig, einfach zu probieren.

Welche Zukunftsaussichten sehen Sie für die mint future GmbH?

Stein: Die THG-Quote hierzulande ist bis zum Jahr 2030 verabschiedet, daher ist unser Geschäftsmodell erstmal für ein paar Jahre gesichert. Für die Zukunftsplanung wäre es gut zu wissen, wie es danach weiter geht. Deshalb treffen wir Vorkehrungen, dass wir künftig unabhängig von der THG-Quote agieren können und rollen zudem in weitere Länder aus. Außerdem bemühen wir uns um weitere Partnerinnen und Partner, wie Versicherungen und Automobilverbände oder andere Akteurinnen und Akteure aus dem Bereich Elektromobilität. Die Partnerschaft ist übrigens kostenfrei für unsere White Label Partner, da wir anteilig im Erfolgsfall mitverdienen.


Nahaufnahme von Wärmetauscherplatten

"Heiße Platten, kühle Köpfe"

Kelvion PHE GmbH

"Heiße Platten, kühle Köpfe"

Was vor fast 100 Jahren zunächst für Milch funktionierte, wird nun für Wasserstoff adaptiert: Kelvion PHE aus Sarstedt reagiert mit der Anpassung seiner Plattenwärmetauscher auf die rasante Entwicklung der Energiewelt – und geht den Weg gemeinsam mit Kundinnen und Kunden sowie mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Die Herausforderung dabei: Es gibt derzeit noch keine einheitlichen, technischen Standards für Wasserstoffanwendungen.  

Worauf die Ingenieurinnen und Ingenieure aber zurückgreifen konnten, ist die jahrzehntelange Erfahrung in ihrem Unternehmen und ein breites Produktspektrum, das in Sarstedt seit der Erfindung des ersten Plattenwärmetauschers für die Milchpasteurisierung im Jahr 1931 entstanden ist. Heute entwickelt und baut Kelvion PHE Plattenwärmetauscher nicht nur für die Nahrungsmittelbranche, sondern auch für Kältetechnik und Klimaanlagen, für die Chemie-, Textil- und Papierindustrie – und für den Bereich Energie.

Da hier insbesondere Wasserstoff als Energieträger einen wahren Boom erlebt, ist es naheliegend, dass der Sarstedter Spezialist für Plattenwärmetauscher den aufstrebenden Markt mit kühlem Kopf für sich erobert – und zwar von der Produktion über die Verteilung, den Transport, die Speicherung bis hin zur Nutzung von grünem Wasserstoff. „Es entsteht immer Wärme. Und wir haben für jede Anwendung entlang der Wertschöpfungskette sowohl die passenden Produkte als auch Serviceangebote, die die Lebensdauer unserer Wärmetauscher verlängern. Das sind unsere Stärken“, Evgenij Loginov, Hydrogen Market Manager bei Kelvion.

Der Weg der Veränderung begann 2021, als innerhalb der gesamten Unternehmens-Gruppe sich ein „Wasserstoff-Team“ gründete und nach einer konzernweiten Bestandsaufnahme die weltweite Nachfrage analysierte. Daraus entstand die Strategie, zunächst den europäischen Markt, wo die Erzeugung von grünem Wasserstoff im Vordergrund steht, zu bedienen. In den USA dagegen setzt man verstärkt auf Brennstoffzellen und in Asien geht es wiederum vorrangig um die Entwicklung einer Wasserstoffinfrastruktur und Wasserstoffanwendungen.

Neuland für Hersteller, Kunden und Mitarbeiter

Aus technischer Sicht betreten die Kundinnen und Kunden sowie Kelvion selbst Neuland: Es gibt derzeit keine Standards, wie ein Wärmetauscher für Wasserstoff beschaffen sein muss, damit er zum Beispiel effizient und sicher ist. Hydrogen Market Manager Loginov sieht darin Chancen: „Im Kundengespräch, zum Beispiel mit den Herstellerinnen und Herstellern von Elektrolyseuren, bringen wir unsere langjährige Erfahrung und Kompetenz ein, entwickeln gemeinsam Spezifikationen und können zusätzlich in den Prototypenbau einsteigen.“

Um schnell auf Kunden- und Produktanforderungen reagieren zu können, arbeitet Kelvion global eng zusammen. Der niedersächsische Standort Sarstedt nimmt dabei die zentrale Position des „Center of Competence“ für Plattenwärmetauscher innerhalb der Kelvion-Gruppe ein. Loginov sieht den Standort damit bestens aufgestellt, um auch weiterhin das Produktportfolio stetig anzupassen und zu erweitern. Die Voraussetzungen dafür seien in Sarstedt durch die Qualität der rund 400 Mitarbeiter, der Professionalität der Produktentwicklung und in der technischen Ausstattung des Werks bestens gegeben. Gerade entsteht bei Kelvion am Standort Sarstedt eine neue Fertigungshalle für gelötete Plattenwärmetauscher, die in Wärmepumpen eingesetzt werden – ein Markt, der ebenfalls gerade einen wahren Boom erlebt.

Produktion, Energie



Gründungsjahr: 1920
Anzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter:  400 in Sarstedt, 5.000 weltweit
Sitz der Mutterfirma: Bochum


Kelvion PHE GmbH
Karl-Schiller-Straße 1-3, 31157 Sarstedt
Telefon +49 5066 6010

https://www.kelvion.com


„Für uns als Wärmetauscher-Hersteller bedeutet die Transformation, dass wir zusammen mit unseren Kunden individuelle Lösungen finden müssen, die enge Zusammenarbeit und umfassende technische Expertise erfordern. Dies ist Herausforderung und Chance zugleich.“


Mit der Kraft von 8.000 Elefanten

Bilder: Kelvion PHE, AANds


Evgenij Loginov, Hydrogen Market Manager bei Kelvion
Evgenij Loginov, Hydrogen Market Manager bei Kelvion

Drei Fragen an: Evgenij Loginov

Auf welche Schwierigkeiten stoßen Sie bei der Entwicklung von Plattenwärmetauschern für die Wasserstoff-Industrie?

Loginov: Am Anfang jeder Produktentwicklung steht die Spezifikation. Bei Wasserstoff fehlen derzeit noch Regelwerke. Wenn ein Kunde sagt, ‚ich brauche einen Wärmetauscher, der ein Gas von 500 auf 100 Grad Celsius kühlen kann‘, dann muss ich neben der Anpassung von Material und Oberfläche auch herausfinden, welche Sicherheitsstandards zu erfüllen sind. Das entwickelt sich derzeit noch. Die Kunden aus der Öl- und Gas-Branche wissen, was sie wollen und welche Bestimmungen für ihre Anwendungen einzuhalten sind. Das ist bei den Kunden aus der Wasserstoff-Branche derzeit noch anders. Hier setzen wir uns mit dem Kunden zusammen, um gemeinsam die Anforderungen an die Eigenschaften des gewünschten Wärmetauschers zu beraten und abzustimmen. Was uns dabei hilft, ist, dass wir nicht nur ein gutes Team haben, sondern eben ein breites Spektrum an Wärmetauscher-Bauformen, standortübergreifende Beziehungen und ein globales Fertigungs- und Servicenetzwerk. Dass die Standards fehlen, ist auch eine Chance. Hier haben wir die Möglichkeit, durch Gremienarbeit mitzugestalten, und das machen wir auch.

Der Standort Sarstedt ist Kelvions „Center of Competence“ für Plattenwärmetauscher. Was bedeutet das genau?

Loginov: Wir stellen hier unter anderem die Wärmetauscher her, die bei der Herstellung von grünem Wasserstoff eingesetzt werden können oder in Betankungsanlagen. Um den steigenden Bedarf, zum Beispiel auch die Nachfrage nach Wärmepumpen, zu decken, erweitern wir derzeit unsere Produktionskapazitäten. Wir haben das Ziel, 2027 45 Prozent des gesamten Umsatzes im Bereich „grüne Technologien zu machen“. Das heißt, dass wir auf Dauer noch viel Arbeit an unserem Standort haben werden. Es heißt allerdings auch, dass wir hier am Standort anpassungsfähig bleiben und unsere unternehmensweit überlegene Kernkompetenz erhalten müssen. Wir werden unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf dem Weg mitnehmen. Für den sicheren Umgang und die kompetente Anwendung neuer Technik brauchen wir kontinuierlich Schulungen und Weiterqualifizierung. Wir alle müssen gemeinsam lernen, dass die Welt sich immer schneller dreht.

Welchen Standortvorteil bietet Ihnen Niedersachsen?

Loginov: Als Komponentenhersteller und Zulieferer haben wir wenig Einfluss darauf, wie schnell sich die Wasserstoffwirtschaft entwickelt. Unser Handeln richtet sich eng an den Kunden aus, ihren Bedürfnissen bei kleinen und großen Aufgaben. Trotzdem wird Sarstedt auch künftig der Lieferant für Niedersachsen, Deutschland und Europa sein. Denn hier in Niedersachsen gibt es viel Wind- und auch Solarenergie, die unsere Kunden, die großen Anlagenbauer, zur Herstellung von grünem Wasserstoff nutzen können. In Lingen sind wir bereits an großen Projekten beteiligt. Niedersachsen hat nicht nur viele Offshore-Windräder mit grüner Energie für die Elektrolyse, sondern auch die Häfen für den Import von flüssigem Wasserstoff. Diese Standortattraktivität sollte man forcieren. Die OEM sind auf der Suche nach guten Standorten für ihre Fertigungskapazitäten. Daran – und an den nötigen Kapitalgebern – fehlt es im Moment. Der Wasserstoff-Markt kann gar nicht so schnell wachsen, wie er möchte.


Ein rot-schwarzer Rennwagen in voller Fahrt.

Rettung vor dem Schredder: Zweites Leben für Batterien

LB.systems GmbH

Rettung vor dem Schredder: Zweites Leben für Batterien

Mehr als die Hälfte der Batterien aus Elektro- und Hybridfahrzeugen, die in Deutschland recycelt werden, sind quasi neuwertig und könnten noch für über zehn Jahre als stationäre Energiespeicher unter anderem für  Haus- oder  Industrieanwendungen eingesetzt werden: Diese Erkenntnis war ausschlaggebend für Lasse Bartels und seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter, die Transformation der Automobilindustrie hin zur E-Mobilität zu ihrem Geschäftsfeld zu machen und für die zunehmend steigenden Mengen an Traktionsbatterien eine nachhaltige Nachnutzung anzubieten.

Ausgestattet mit reichlich Erfahrung durch den Bau von Rennwagen mit Hochvolt-Antrieb für den internationalen Konstruktionswettbewerb „Formular Student“ gründeten sie im Jahr 2019 das Startup LB.systems. Ihre Mission: Mit Lithium-Ionen-Batterien so ressourcenschonend wie möglich umzugehen und diesen vor ihrem Ende im Schredder noch ein zweites Leben zu geben.

Von links: Olexander Filevych von der Automotive Agentur im Gespräch mit Lasse Bartels und Carina Heidermann von der Firma LB.systems vor einem geöffneten Batteriepack aus einem Hybridauto.
Von links: Olexander Filevych von der Automotive Agentur im Gespräch mit Lasse Bartels und Carina Heidermann von der Firma LB.systems.

Inzwischen bildet das Unternehmen die gesamte 2nd-Life-Prozesskette ab – von der Abholung bis zur Neuinstallation der Speicher – und hat sich damit sein Alleinstellungsmerkmal erarbeitet. Das Besondere dabei ist das eigene Testverfahren, das in Sekundenschnelle mittels zahlreicher selbstentwickelter Parameter über den Gesundheitszustand der ausgedienten Traktionsbatterien mit einer hohen Zuverlässigkeit Auskunft gibt. Die Effizienz und die Schnelligkeit dieses Verfahrens erlauben dem Unternehmen unter wirtschaftlichen Bedingungen große Stückzahlen in kürzester Zeit testen zu können.

Im Energienetz: Den Tag in die Nacht bringen

Das Ergebnis der Tests: Fast alle Batteriemodule in den getesteten Traktionsbatterien sind in der Regel noch nutzbar. LB.systems holt die Module aus ihren Gehäusen heraus, separiert Kabel und Sicherungen. Anschließend werden diese mit eigenen Platinen an die eigens entwickelte Steuerungssoftware angeschlossen und in Gehäusen für den Gebrauch als Groß- oder Heimspeicher inklusive Wechselrichter zusammengebaut. Nach einigen Sonderanfertigungen für die Industrie war die erste Heimspeicherlösung Anfang 2023 serienreif. Dabei sehen die Firmengründer und -gründerinnen gute Absatzchancen: Der Bedarf an Batteriespeichern ist ihrer Einschätzung nach im Energienetz zum Beispiel zur Speicherung von erneuerbaren Energien sehr groß. Mit dem Second-Use von „alten“ Traktionsbatterien könne der Anteil der erneuerbaren Energieform erhöht werden.

Die Anlagen von LB.systems könnten als Zwischenspeicher „den Tag in die Nacht bringen oder den windigen Tag in die Flaute“. Jeder und jede, der Lust hat, an der Energiewende teilzunehmen, soll dazu die Möglichkeit haben, so die Philosophie des Unternehmens. Ziel des Unternehmens ist es daher, auch die Speicher zu digitalisieren und z. B. große Energie-Container in einer Gemeinde aufzustellen und digital in den Stromtarif von vielen Haushalten einzubinden.

 

E-Mobilität, Batterie



Gründungsjahr: 2019
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter:


LB.systems GmbH
Arndtstr. 5, 38118 Braunschweig
info@LB.systems
www.LB.systems

Weiterer Standort in Niedersachsen:
John-F.-Kennedy-Str. 43-53, 38228 Salzgitter


„Im Studium lernt man: Batteriesysteme aus Elektrofahrzeugen werden zum Energiespeicher und gehen erst dann ins Recycling, aber in der Praxis sieht es ganz anders aus.“


Vom E-Auto in den Schaltschrank: Wie Speichermodule weiterleben dürfen

Bilder: LB.systems, Lions Racing Team e.V.


Eine Portraitaufnahme von Lasse Bartels von der Firma LB.systems

Lasse Bartels, Geschäftsführer des Startups LB.systems

Drei Fragen an: Lasse Bartels

Welche weiteren Herausforderungen für Ihr Unternehmen sehen Sie?

Bartels: Wir versuchen gerade, die Kosten für Zertifizierungen der Produkte gering zu halten. Normalerweise hat man ein Produkt, dessen Einzelteile immer gleich sind, bei uns ist es aber so, dass wir chargenweise ganz andere Grundbausteine haben, also jeweils andere Batteriemodule. Wenn wir das für jeden Typ einzeln zertifizieren, sind die Kosten einfach enorm hoch. Außerdem fehlt uns das Fachpersonal. Mit unserem Firmenkonzept kann man Arbeitsplätze schaffen, aber es gibt kaum Hochvolt-Experten und auch keine entsprechende Ausbildung mit Fokus auf Batteriespeicher. Wir möchten gerne Lehrbetrieb werden. Das werden wir jetzt angehen.

Was ist Ihre Erwartung an die Politik?

Bartels: Als ich gesehen habe, wie neuwertige Batterien und damit wertvolle Produkte zerstört werden, war das der Schlüsselmoment zu sagen: Da muss es einen Prozess und ein Unternehmen geben, das 2nd-Life in großem Stil in Deutschland umsetzt. Wenn eine Batterie nach nur wenigen Kilometern aussortiert wird, dann ist das nicht mehr effizient. Auch im Studium lernt man: Batteriesysteme aus Elektrofahrzeugen werden zum Energiespeicher und gehen erst dann ins Recycling, aber in der Praxis sieht es ganz anders aus. Ich denke, das Kreislaufwirtschaftsgesetz müsste klar sagen: Dinge, die noch gut sind, müssen weiter genutzt werden und nicht sollen oder können.

Welche Bedeutung hat der Standort Niedersachsen für Sie und Ihr Unternehmen?

Ich bin an der Nordseeküste aufgewachsen und dadurch wurden mir Windkraft und erneuerbare Energien sozusagen in die Wiege gelegt. Über meine Familie habe ich viel zum Thema Energie-Einspeisemanagement und -Speicher mitbekommen. Viel wichtiger war aber noch die „Formular Student“, über die wir sehr gut vernetzt sind. Wir haben rund 120 Unternehmen gehabt, die uns dabei unterstützt haben, für die Formular Student das umzusetzen, was wir uns ausgedacht haben. Diese Vernetzung hilft uns heute immer noch, besonders am Standort Salzgitter, wo uns Bosch mit Räumlichkeiten unterstützt. Wertvoll ist auch, dass unsere Partnerunternehmen erreichbar sind und wir nicht nur die verlängerte Werkbank in China haben, sodass man auch mal jemanden besuchen und mit jemandem sprechen kann, um dann die Ideen umzusetzen.


Icon eines Elektroautos auf einem grün gestrichenen Parkplatz.

Strom tanken und Kaffee bestellen: Smart vernetzt in die Zukunft

Cross Market Places GmbH

Strom tanken und Kaffee bestellen: Smart vernetzt in die Zukunft

Die achtundzwanzigtausendste App wollten sie keinesfalls programmieren. Das kam für die Gründer und Geschäftsführer von Cross Market Places (CMP) aus Osnabrück nicht in Frage. Das Konzept von Carsten Müller und Kai Schwermann setzt vielmehr zwischen den vorhandenen, digitalen Anwendungen an und verbindet das, was die Kundschaft schon kennt – mit dem Effekt, E-Mobilität attraktiver zu machen und Innenstädte zu beleben.

Keiner fährt nur zum Parken in die Stadt, sondern möchte dort etwas erledigen oder erleben. Warum nicht die Ladesäule mit dem Bestellsystem des Coffeeshops am Ausgang des Parkhauses verbinden? Sodass der Kaffee gleich mitgenommen werden kann. Warum nicht gleich auch noch eine Karte fürs Kino oder den Zoo verkaufen? Sodass keine lange Wartezeit am Eingang entsteht.

Gesagt getan: Seine ersten Projekte setzte das Unternehmen in den USA und in Baden-Württemberg um. In San Francisco gibt es den Deal: Rabatt beim Parken und Kaffeebestellung in einem. Wer in Stuttgart über eine bestimmte Spur auf die Parkfläche fährt, bekommt automatisch eine Tageskarte für den öffentlichen Personennahverkehr. CMP sorgt für die Verknüpfung der Bezahlsysteme und die Verrechnung untereinander – ohne neue Plattform, die erst etabliert werden muss.

Kai Schwermann und Carsten Müller präsentieren auf einem Messestand ein Modell einer smarten City.
Präsentierten ihr Smart-City-Modell mit vernetzten Bestell- und Bezahlsystemen auf dem Niedersachsen Gemeinschaftsstand auf der Internationalen Zuliefererbörse 2022 in Wolfsburg: Kai Schwermann (links) und Carsten Müller (rechts).

Für niedersächsische Kommunen auf dem Weg zur Smart City gibt es ebenfalls bereits entsprechende Gespräche: Auch hier ist die Idee dabei, Menschen mit dem E-Auto in die Stadt zu locken, indem sie zum Beispiel beim Laden ein paar Kilowatt geschenkt bekommen und auf dem Marktplatz Kaffee und Kuchen gleich für sie reserviert wird.

„Wir schauen individuell, wo ist der Mehrwert für die Nutzerinnen und Nutzer und verbinden bestehende Angebote. Wenn es eine App schon gibt, dann entwickeln wir nicht die 28.000 neue App, sondern nehmen diese und hängen unseren Service dran. Oder wenn es eine Parkkarte schon gibt, dann nehmen wir auch die und verbinden sie beispielsweise mit dem Kauf von Eintrittskarten“, erläutert Geschäftsführer Carsten Müller.

Auf diese Art und Weise lässt sich auch eine multimodale Mobilität sicherstellen und vereinfachen. E-Scooter, ÖPNV, Strom tanken, Parken o.ä. miteinander verknüpfen, in das System des Mobilitätsanbieters das integrieren, was das Parkhaus kann oder mit der Parkkarte auch E-Roller mieten – das ist das Serviceprinzip von Cross Market Places. Der Vorteil, den das Startup hat: Die Mutterfirma bill-X, aus der heraus es gegründet wurde, versorgt bereits viele verschiedene Kunden mit Software-Lösungen. Die Basiskomponenten sind vorhanden. CMP geht gezielt auf die Kunden ein, um deren jeweiligen Dienste zu kombinieren.

Eine große Zielgruppe für solche vernetzte Abrechnungen sind Stadtwerke und Energieversorger, die nicht nur Strom an Haushalte verkaufen, sondern auch öffentliche Ladesäulen und eventuell kommunale Einrichtungen wie den ÖPNV oder ein Schwimmbad betreiben. CMP vereint die in Anspruch genommenen Leistungen – verbrauchsabhängig – auf einer Rechnung. Künftig soll dabei auch noch die jeweilige Verfügbarkeit von grünem Strom integriert und „intelligentes“ Laden außerhalb der Peak-Zeiten belohnt werden können.

 Smart Mobility, Smart City, E-Mobilität



Gründungsjahr: 2015
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: Ca. 30 (CMP + bill-X gemeinsam)


Cross Market Places GmbH
Liebigstrasse 29
49074 Osnabrück

info@cross-market-places.de
https://www.cross-market-places.de/


Wir schließen Lücken auf Endkundenprodukt-Ebene. Egal, welche Plattformen jemand hat, wir verbinden das. So entwickeln wir Digitalisierung für eine nachhaltige Mobilität und eine sinnvolle Energienutzung“. 

Portraitfoto von Carsten Müller, Geschäftsführer von Cross Market Places
Carsten Müller, Geschäftsführer von Cross Market Places

Drei Fragen an: Carsten Müller

Was war Ihre „Schlüsselerkenntnis“, die dazu geführt hat, Ihr Startup zu gründen?

Müller: Die Welt von Morgen wird vernetzter. Wie sehen vernetzte Dienste von morgen aus, und wie werden sie fair und transparent verrechnet? Das war die Frage, die wir uns gestellt haben. Und dann wurde uns klar, dass man noch einen größeren Mehrwert in der transformierten Zukunft generieren kann, wenn man Dienstleistungen miteinander verbindet – also einen Cross Market Place einrichtet. Daher unser Name. Belohnung in Form von Rabatten oder Zusatzkäufen ist bei uns die eine Variante. Aber auch nachträglich, bei spontanen Käufen, sollen die Menschen einen Benefit bekommen können. Dabei muss man die Kundinnen und Kunden abholen und die Dinge nutzen, die sie schon gewohnt sind. Wir nehmen das, was schon da ist, und schließen die Lücke zu einem guten Erlebnis.

Welche Unternehmen sind Ihre Zielgruppe und wie trägt Ihr System zur Transformation der Mobilitätswirtschaft bei?

Müller: Wir sind nicht explizit auf eine Branche beschränkt und bieten sowohl KMU als auch den „großen Playern“ unsere Dienstleistungen an. Wir arbeiten also diskriminierungsfrei. Aber viele haben mit Energie und/oder E-Mobilität zu tun. Wenn ein Unternehmen beispielsweise Firmenladesäulen betreibt und die Ladevorgänge seiner Besucher abrechnen oder dem Nachbarn eine separate Rechnung schicken will, da kommen wir ins Spiel. Oder wenn der Zoo die Busfahrkarte gleich mitverkaufen möchte, dann kauft der Zoo über uns das Busticket. Jeder behält sein System, da kommt dann nur eine Schnittstelle rein. Andersherum, mit einem zentralen System, an das sich die anderen anpassen müssen, würde es nicht funktionieren. Ergänzend bieten wir auch eine Energievisualisierung an, die sehr breit anwendbar ist – um für das Thema zu sensibilisieren. Wer CO2-Ausstoß, Energieverbrauch oder ähnliches darstellen möchte, bekommt von uns ebenfalls eine Lösung, die das sehr einfach darstellt.

Welche sind denn momentan die größten Herausforderungen?

Müller: Eine große Herausforderung ist die schnelle Entwicklung des Marktes. Das ist wie damals, als es die ersten Internetprovider gab. Die Leute und Firmen wussten nicht, was wird sich durchsetzen und was braucht mein Unternehmen. Aus unserer Sicht ist es wichtig zu versuchen, eine allgemeine Richtung zu finden und nicht für jedes Projekt etwas Individuelles zu machen. Wir kommen mit einer Toolbox und im Gespräch mit den Kunden schärft sich das Profil. Die Kunst ist, als kleines Startup bescheiden und lösungsorientiert zu bleiben und sich auch immer wieder zu hinterfragen. Unser großer Wettbewerbsvorteil ist, dass wir bill-X haben. Ohne die Mutterfirma müsste ich erstmal investieren, um die Basissoftware zu entwickeln und noch die CMP-Produkte obendrauf. So können wir uns auf die Konfigurationen konzentrieren. Als Startup hat man jedoch natürlich nur sehr begrenzte Ressourcen und muss sich gut überlegen, wie man den Kapitalbedarf deckt. Sich bei Zuschüssen und Förderprogrammen zurechtzufinden, ist für kleine Unternehmen schwierig. Das müsste transparenter sein. Netzwerke, Hinweise und ein persönlicher Austausch sind dabei eine gute Unterstützung. Da ist noch Luft nach oben.